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Fahrbericht, Charakterisierung, leichte Individualisierungen, Supermoto-Umbau und diverse Tips zur Yamaha WR250R
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Benzinverbrauch bei Spritmonitor

Yamaha WR250R Review
Dual Purpose
"Da mußt du aber noch was runterbauen", so lautete der
Begrüßungssatz bei der erstmaligen Einfahrt mit der WR250R zu
unserer Endurostrecke, als ich beim Einbiegen in den Parkplatz einen
alten Endurokollegen und KTM Fahrer traf.
"Du fährst ja immer solche Exoten" war der zweite Satz,
bezugnehmend auf die Tatsache, dass ich davor 3 Jahre lang Yamahas
Tricker mein eigen genannt hatte, nach Beendigung meiner früheren KTM
Ära, und mich mit dem Tricker u.a. auch in lokalen Supermotohallen bewegt
hatte.
Mitnichten Exot, die WR ist ja nun endlich wieder eine kleine Enduro,
die sich einigermassen zu verkaufen scheint. Und ich werde sicher nichts
runterbauen, weil das Spiegel-, Blinker und Taferlzeug was da drauf
ist brauche ich ja ständig.
Dual Purpose oder Dual Sport nennt sich das. Ein Amerikanismus,
der vorbelastet ist von dicken Männern mit Gummistiefeln und Angelruten,
diversen Vorgarten-, Campingplatz- und Pseudoenduros, Wohnmobilisitenimage
und einigen typischen witzigen Ballonreifenfahrzeugen.
Nichts gegen all dies und schon gar nichts gegen lustige kleine
Motorräder, wie sie es bei uns leider kaum mehr gibt.
Aber eigentlich könnte das etwas sehr sinnvolles, effizientes sein,
und die neueren Entwicklungen in der Endurobranche gehen klar in diese
Richtung. Hybridmotorräder für Offroad- und Strasseneinsatz.
Möglichst haltbar, akzeptabler Wartungsaufwand, möglichst sparsam
im Spritverbrauch, gut fahrbare, nicht nervende Motorcharakteristik,
so sportlich und leicht wie irgendmöglich aber dennoch alltagstauglich.
Sehr oft ist man zwangsläufig bei den Sportenduros gelandet, weil
man die meist unsäglichen Kompromisse im Dual Purpose Bereich einfach
nicht eingehen wollte: schwere häßliche Eisenkisten mit veralteter Technik.
Ein kleiner Markt
Es gab aber auch diverse kleine leichte und meist luftgekühlte Enduros
in dieser Klasse, allerdings kaum am deutschen Markt. Die letzten Vertreter
dieser Art bei uns waren wohl die Suzuki DRZ Reihe, mit Einschränkungen
die schwereren LC4s, Yamaha Tricker, die Beta Alps und einige andere
Nischenmodelle. Sonderlich erfolgreich am Markt schienen mit Ausnahme
von KTM und der Suzuki DR350 die meisten dieser kleinen Motorräder nicht
zu sein, so daß sie z.T. schnell wieder vom Markt verschwanden, oder aber
ein Nischendasein führen.
Tragik der Alteisen
Wenngleich mancher Endurist sein Glück bei solchen technisch nicht
sehr aktuellen Motorrädern gefunden zu haben glaubt, so ist die
Technik beim Fahrwerk und auch beim Motorbau fortgeschritten.
Auch die optischen Ansprüche an aktuelle Enduros, an die
verwendeten Materialien und die Details haben sich geändert,
genau wie die gesetzlichen Normen in Bezug auf Abgase und Lärm
härter geworden sind. Diesen Modernisierungen hat der Markt wenig
Beachtung geschenkt. Bestenfalls die Suzuki DRZ400 war bis auf die
Vergasertechnologie in Richtung aktuelle universell taugliche
sportliche Enduro orientiert und auch entsprechend schön zu
fahren, haltbar, kräftig und dabei doch schmal und relativ
leicht gebaut, zu einer Zeit, wo bei anderen Herstellern das wenige
Verfügbare innovationslos noch schwerer und dicker wurde, oder weitere
nicht zukunftsträchtige bereits ab Neuzustand veraltete Modelle
(z.B. Honda FMX) am Markt waren.
Neue Enduro Allrounder
Neuerdings gab es nun endlich einige erfreuliche Entwicklungen in diesem
recht stagnanten Segment: BMW X-Challenge und KTM 690 Enduro als
Hauptvertreter einer neuen Gattung von Dual Purpose Enduros mit
aktueller Technik, effizienter innovativer Bauweise und
uneingeschränkter Einsatzfähigkeit sind verfügbar.
Tests bestätigen diesen Modellen die Tauglichkeit, wobei hier
natürlich unterschiedliche Schwerpunkte vorhanden sind.
Leider sind diesen neuen Einzylindern bisher offenbar keine
berauschenden Verkaufszahlen beschert, worüber man rätseln
kann. Ist der Einzylinderboom vorbei, ist die potentielle Kundschaft
entäuscht über den lang verschobenen Technologieschub, oder
wollen Einzylinderkunden lieber ihren Vergaser, ungeachtet der
Tatsache, dass die neuen Motoren stärker, dennoch sparsam,
haltbar und problemarm sind.
Die WR250R/X
Ein weiterer neuer und etwas weniger dicker Vertreter dieser
modernen Philosophie wurde 2007 angekündigt und ist nun seit
2008 erhältlich. Die Yamaha WR250R oder wahlweise auch in der
Version WR250X mit Supermotorädern.
Auch diese Enduro zeichnet sich durch neueste Motortechnologie
und Erfüllung der gängigen Abgas- und Lärmgrenzen bei offener
Typisierung aus. Das ganze bei explizit vom Hersteller zugesicherter
Offroadeignung und dennoch moderatem Wartungsaufwand.
Jedoch weist die WR250R/X ansonsten eher Standardtechnologie
auf, im Gegensatz zu diversen interessanten und neuen Features bei
KTM und BMW. 31 zugelassene PS bei 10000rpm aus einem neuen 4 Ventil-
Motor, 40000km Ventilspielkontrollintervall, Titaneinlassventile,
Aluschwinge und partielle Alurahmenteile, Blechtank mit klobigem
versperrbarem Deckel, Standard-Enduroreifengrößen,
ein paar billig aussehende Teile wie Fußrasten und Lenker,
Hybridbereifung Bridgestone TW302/301, vollwertig wirkende Fahrwerksteile
in Form einer dicken einstellbaren Upside-Down Gabel mit 46mm Innenrohrdurchmesser
und einem einstellbaren Dämpfer mit Ausgleichsbehälter ergeben
einen auf den ersten Blick schwer einschätzbaren Mix. Was erwartet einen?
Erster Eindruck
Die Erstbesichtigung offenbart zunächst, daß die kleine WR angemessen
schlank gebaut ist. Nicht ganz so mager wie eine Sportenduro zwar, und mit zahlreichen
STVZO Teilen verziert, aber nichts, das den Namen Enduro nicht verdient hätte.
Zudem hoch wie ein Bock. Hier steht also keine überbreite komfortbetonte
anfängerfreundliche Pseudoenduro mit tiefem Sitz, Buckeltank und
Gepäckträger, und hier steht auch kein fragwürdiges Designermotorrad.
Weiters findet sich ein nur einseitiger Kühler mit elektrischem Lüfter
und großem Plastik-Schutzfächer davor. Die thermischen Eigenschaften werden
Testkriterium sein. Die Erwartungen sind bereits gestiegen in
Anbetracht des ersten Eindrucks.
Die linke Seite ist mit glattem schwarzem Plastik ausgekleidet und
lässt nur einen kleinen Einblick zum Kühlwasserausgleichsgefäß zu,
so daß dessen Füllstand ablesbar ist.
Sofort fällt auch das schicke Digitalcockpit mit geschwärztem Display
und integrierten zierlichen bunten Kontrollleuchten auf, welches
über die gleichen Bedienknöpfe verfügt, wie WR-F
Sportenduros. Es wird sich allerdings zeigen daß der Tacho um
mindestens 10%, der Kilometerzähler mindestens 4%
voreilt, mit zunehmendem Reifenverschleiss deutlich mehr.
Auch wenn es für letzteren einen kalibrierbaren Messmodus
(Stoppuhrmodus) gibt, so ist das ist für ein Digitalinstrument zu
ungenau und -so schick das Teil ist- schmälert dessen Nutzen.
Sinnvoll ist zweifellos der Diagnosemodus. Das Gerät zeigt bei
elektrischen Problemen eine Nummer an, die der Werkstatt zu
Diagnosezwecken mitzuteilen ist.
Schmerzhaft fällt einem dann der billige dünne Stahllenker mit
verschweißter Querstrebe ins Auge. Diesen auszutauschen wird eines
der ersten Ziele werden, aber ein paar Probleme aufwerfen, da es die
genau passende Yamaha oversize Lenkerhalterung nur in Japan und USA
gibt. Zubehörhalterungen schließen nicht formschlüssig an der
Gabelbrücke an und Adapter erhöhen den Lenker, so daß die sehr knapp
bemessenen Züge u.U. nicht mehr ausreichen.
Der Bremsflüssigkeitsausgleichsbehälter der Vorderbremse ist zu nahe
am Lenker. Hier ist fast keine Luft, so daß man den Platz an der Lenkstange
nicht zum Anklemmen anderer Teile (z.B. Plastikspiegel) nutzen kann.
Das kann zu Basteleien oder Verwendung von Spiegeladaptern führen.
Erfreut wird das Auge durch den schönen schwarzen Rahmen, die
wohlgeformte voluminöse Aluschwinge, den aktuell aussehenden
relativ zierlichen Motorblock mit einem vergleichsweise dicken
Krümmer, die hochwertig aussehenden Federelemente und die
ebenfalls hochwertig und gelungen aussehenden Plastikteile.
Die schwarzen Stahl-Rahmenunterzüge lassen sich abschrauben,
was eine Motorentnahme im Falle eines Falles sehr erleichert.
Bei der Abholung im Transporter stellt sich eine weitere
positive Eigenschaft heraus: das Gerät stinkt im Auto nicht nach
Sprit, trotz fahrfertiger Befüllung mit allen Betriebsflüssigkeiten.
Dies ist somit meine erste Enduro im weiteren Sinne, die ich im nach vorne
offenen (Personen-)Transporter ohne Benzolschwaden kutschieren kann.
Bei Dual-Purpose Enduros vielleicht nicht die dringlichste Forderung,
aber dennoch sehr angenehm auffallend.
Start
Starten der WR ist eine einfach Prozedur ohne nennenswerte Variationen.
Zündschlüssel rein, umdrehen, 1-2 Sekunden warten bis die Benzinpumpe etwas
gefördert hat und Startknopf einige Umdrehungen drücken. Dann läuft der
Motor. Anachronismen wie Choke und Heißstartknopf sind nicht vorhanden,
das erledigt dankenswerterweise die Motorsteuerung. Ein Kickstarter entfällt,
Anschieben im 2.Gang ist auf Asfalt prinzipiell möglich, sofern noch etwas
Saft in der Batterie ist. Unbekannt ist, ob der Katalysator das in irgendeiner
Weise übelnehmen könnte.
Die WR tockert vernehmlich knöchern und gleichmäßig vor sich hin.
Yamaha verwendet hier zwei elektromechanische Helferlein für
etwas mehr Leistung bei gezielt verringertem Lärm.
Eines ist das sog. EXUP im Krümmeranschlußstutzen des Endtopfs,
untrennbar mit letzterem verbunden. Eine Klappe, die in einem bestimmten
Drehzahlbereich automatisch schließt. Die Defaultstellung dieser Klappe
(bei defektem System oder wenn man das System abstöpselt) ist
auf offen.
Zum zweiten befindet sich neben einer winzigen Standardöffnung eine große
gesteuerte Klappe am Luftfilterkasten, die hier für mehr oder weniger
Durchzug sorgt und gleichzeitig den Lärm ggfs. verringert, sofern die
Prüfzyklen/Sitten dies in bestimmten Drehzahlbereichen und Gängen erfordern.
Diese Regelung ist deutlich hörbar und sorgt dafür,
daß die kleine WR ab mittlerer Drehzahl mit Gas ein relativ
durchdringendes Motorgeräsch entwickelt.
Yamaha zieht hier also einige Register, um den kleinen Motor nicht aufgrund
der geltenden Prüfzyklen zustopfen zu müssen und das lohnt sich auch.
Zieht man die neue Kawasaki KLX250, ebenfalls mit Einspritzmotor, aber leider
nur 22PS, zum Vergleich heran, dann drängt sich der Verdacht auf, daß
der Unterschied in der homologierten Spitzenleistung sich genau aus solchen Tricks
herleitet.
Wie weit weg von einer Sportenduro?
Lt. Hersteller ist die WR250R explizit offroadtauglich und der visuelle
Eindruck spricht nicht dagegen. Auf der HSV Endurostrecke in Oberndorf
versuche ich mein Geschick, nachdem ich die Strecke dreieinhalb Jahre
lang nicht mehr besucht hatte. Die mehr als 130kg der WR (Eigenmessung
136kg randvoll betankt, kleine Zubehöränderungen, Motor und
Endtopf 100% serienmäßig) ergeben
zwangsläufig einen gewissen Unterschied zum gewohnten filigranen
110kg Zweitakter. Auch bei der Übersetzung wünsche ich mir eine
deutliche Verkürzung für heikle Passagen. Man fährt in
Oberndorf vieles im ersten Gang. Bereits im 2.Gang würgt man die
WR häufig ab. Der Motor geht unter einer gewissen
Mindestdrehzahl einfach aus. Ein grösseres Kettenblatt würde
dies beheben, aber wir bleiben dual purpose, und somit streetlegal.
Fahrbar ist auf jeden Fall alles, Leistungsnot herrscht keine.
Im Gegenteil, auch wenn es ein kurzhubiger hochdrehender Motor ist, so
liefert er im Zweifelsfall mit Gas auch niedertourig noch rettenden
Schub, falls es wirklich notwendig wäre. Bis zur besagten
Mindestdrehzahl, dann aus.
Der Motor läuft grundsätzlich wie ein Uhrwerk,
springt gut an, hängt verzögerungsfrei und spontan am Gas und
hat eine bestens beherrschbare angenehm lineare Leistungscharakteristik.
Auch das einstellbare Fahrwerk entspricht halbwegs den Anforderungen.
Die Komponenten liegen qualitativ über den im Billigsegment manchmal
anzutreffenden nahezu ungedämpften Minimalfahrwerken, erreichen aber
nicht das Niveau eines Sportendurofahrwerks. Immerhin, das Fahrwerk ist
nicht zu weich, sondern endurotypisch hart, auch für schwere Fahrer
einsetzbar und ohne grobe Durchschlaggefahr im Endurobetrieb.
Die Gabel bietet ein sehr gutes Ansprechverhalten und macht insgesamt
den besseren Eindruck. Das Federbein wirft Fragen auf wegen erstens sehr
schwacher Zugstufendämpfung, zweitens da die Dämpfung während
einer Fahrt nochmal stark nachzulassen scheint, und man sich an ein starkes
Fahrwerkswippen hinten gewohnen muss. Dadurch entsteht eine gefühlte
unangenehme Schwammigkeit. Gut ist: Probleme mit den Handgelenken beim
Befahren von Endurostrecken ergeben sich nicht. Die Traktion ist jedoch nicht
immer optimal. Hier wünsche ich mir zumindest hinten eine wirksamere
Dämpfung und Regelung. Es bestehen insofern starke Optimierungsmöglichkeiten.
Apropos Traktion: die Serienreifen Bridgestone TW302 und TW301 auf
den sehr anständigen DID Felgen liefern
im überwiegend trockenen Gelände eine brauchbare Performance.
Abstriche gibt es i.W. bei der seitlichen Traktion. Beim Hineinsliden in
Kurven und beim Herausbeschleunigen fängt man sich doch recht leicht
unerwartete Quersteher ein.
Der Motor hat eine Nassumpfschmierung. Dies erleichtert das Ablesen
des Ölstandes am Schauglas erheblich, ist aber zu berücksichtigen,
falls jemand gröbere Stunts vor hat und das Fahrzeug beispielsweise
längere Zeit auf dem Hinterrad fahren möchte o.dgl..
Im normalen Endurobetrieb gibt es kein Problem, auch nicht beim Befahren
von Steilhängen.
Die Motorölmenge ist 1.4l. Man sollte den Ölstand genau
einpegeln. Überfüllung des Motors kann zu Ölaustritt bei
der Entlüftungsschraube oder an anderen Stellen führen.
Zum letzten Punkt: kocht sie? 2h auf einer zum Teil langsamen
mühsamen Endurostrecke mit viel 1.Gang an einem warmem
Tag konnten keine Hinweise auf kochendes Kühlwasser an den Tag
bringen. Vom Lüfter war ebenfalls nichts zu hören. Ich gehe
insofern davon aus, daß unter Normalbedingungen der einseitige
Kühler ausreichend dimensioniert ist.
Mit etwas Abschätzen kommt man auf einen Spritverbrauch von vielleicht
7l/100km beim Endurostreckeneinsatz (nicht
Endurowandern!). Da die Kilometerzählung allerdings
übers Ritzel (und somit übers angetriebene Hinterrad) erfolgt, ist
wegen Schlupf die Offroadmessung grundsätzlich fragwürdig.
Strassenenduro
Was kann die WR250R im Straßeneinsatz?
Es wäre ein Fehler, den Motor der kleinen WR mit einem
aktuellen dicken Einzylindermotor zu vergleichen. Das funktioniert
nicht. Das was im Gelände so angenehm funktioniert, macht es
im Straßenbetrieb unspektakulär. 31 PS bei 10000rpm
bedeutet auch, daß es in tieferen Drehzahlbereichen eben
keine 31PS sind. Es gibt keine Überraschungen in der
Leistungscharakteristik, alles verläuft vorhersagbar, kontrollierbar,
linear. Der Motor arbeitet sensibel am Gas und dreht glatt und schön
hoch. Wer Leistung sucht, muß auf Drehzahl bleiben und sich an
eine entsprechende Fahrweise gewöhnen.
Wer Ruhe sucht, wird häufig schalten müssen,
um in den Vortriebsmodus zu gelangen. Wer irgendeine Form von
motorischem "Charakter" oder Eigenleben sucht, muß was anderes
kaufen. Die WR250R ist eine effiziente kleine technisch aktuelle
Fahrmaschine, aber kein Genießermotorrad.
Es sei auch auf den geringen Spritverbrauch von deutlich unter 4l/100km
bei entspannter Fahrt hingewiesen. Im Sparmodus kommt man ggfs. auf
etwa 3,3l/100km. Hier die Verbrauchsstatistik bei
Spritmonitor.de:

Das Getriebe ist schnell, leise und präzise
schaltbar. Die Ausnahme ist das Herunterschalten vom dritten
in den zweiten Gang beim forcierten Anbremsen ohne
Zwischengas. Dabei entsteht ein ungewöhnlich lautes
Schaltgeräsch.
Sehr angenehm ist die leichtgängige Kupplung, allerdings
ist der effektive Dosierhebelweg zwischen den Zuständen
"eingekuppelt" und "ausgekuppelt" sehr kurz, was eine
geübte Kupplungshand erfordert. Hinzu kommt, daß
der Motor einspritzertypisch um den Gasnullpunkt herum sehr
hart anspricht. Das ist unangenehm im Stop and Go und beim
langsamen vorsichtigen balanzierenden Fahren.
Die Serienbereifung mit zwei verschiedenen Gummimischungen in
der Lauffläche ist brauchbar und sehr haltbar
auf Asfalt trotz des Semi-Stollenprofils. Die weichen
schmalen Randstollen können allerdings in starker
Schräglage spürbar werden. Es empfiehlt sich
insofern ein fehlertoleranter sicherer Supermotofahrstil
für uneingeschränkt Spaß und Schräglage.
Der TW302 Hinterreifen wird allerdings anscheinend nicht mehr produziert, so daß
auf Alternativen ausgewichen werden muss.
Das etwas wabblige Endurofahrwerk wird im Strassenbetrieb spürbar.
Bei schnellen Belastungswechseln sind notgedrungen Fahrwerkseinflüsse
vorhanden, insbes. beim unterdämpften nachwippenden Federbein.
Als dual purpose Kompromiss ist es akzeptabel, aber hier würde ich
bei diesem Fahrzeug den Tuningbedarf sehen.
Die Nissin Bremsen sind gut: sensibel genug im Offroadeinsatz, problemlos ausreichend
für Straßenbetrieb.
Der elastische und drehzahlgierige Motor hängt sauber am Gas.
Bei einer Supermotoumrüstung würde ich wegen der
feinen höherfrequenten Antriebsvibrationen ein Ruckdämpferhinterrad spendieren.
Daß die kleine WR kein Autobahnfahrzeug ist, leuchtet
ein. Schnellstraßen und Autobahnen benutzt man zur inneren
Einkehr, sofern es sich nicht vermeiden lässt. In der Stadt ist
sie für Personen mit langen Beinen ein sehr brauchbares
Fahrzeug. Für kleinere Fahrer ist Stop and Go auf die Dauer
etwas mühsam.
Zubehörbereich
Im Zubehörbereich ist die WR besser versorgt als manches andere kleine
Nischenmodell. Als erstes wäre für Motortuner der Dynojet Power
Commander III zu erwähnen, der hierzulande bei Alpha Technik
erhältlich ist. Dieser erlaubt die freie Programmierung eigener
Mappings und auch den Austausch von Mappings unter den Fahrern.
Erspart dem Tuner das Vergasergefuddel und macht Änderungen absolut
reproduzierbar ohne Montageaufwand. Keine Frage, so etwas birgt
Risiken. Falsche Programmierung wird ungesunde Betriebszustände zur
Folge haben.
Nachrüstauspuff- und Krümmeranlagen gibt es von Yamaha, Arrow, FMF,
Leo Vince und noch zahlreiche weitere aus USA und Japan, wobei die
meisten davon nicht legal betreibbar sind. Mit einem Nachrüstendtopf
verliert man zwingend das am serienmäßigen Endtopfstutzen verbaute
EXUP System.
FMF bietet für sein PowerCore System auch einen eigenen Motorcontroller,
der mehrere geprüfte ungefährliche Mappings zur Auswahl stellt. Das
flache Bauteil kann am Lenker oder unter dem Sitz montiert werden. Es
ist im Gegensatz zum Power Commander nicht frei programmierbar,
insofern ungefährlicher.
Originalzubehör von Yamaha ist in Europa rar und wird nur in USA und
Japan vertrieben. Es gibt zahlreiche Protektoren für Anbauteile und
Rahmen, Taschen, Sitzbänke, Gepäckträger, Motorschutz u.v.m., aber die
für Enduroeinsatz wirklich wichtigen Teile werden bei uns nicht
angeboten.
Motor- und Kühlerschutz gibt es u.a. von CRD oder Bernhards
Motorradservice in Berlin.
Kommen wir zum Heck: diese Auslegerkonstruktion missfällt
manchem. Sie wirkt andererseits gut als Spritzschutz für die
Fahrerklamotten, da alles, was nicht vom Taferlträger aufgefangen
wird, es also durch die Auslegerstreben schafft, sicher im Kotflügel
landet. Mehrere Firmen bieten hier Alternativkonstruktionen
direkt untern Kotflügel an. Aber auch mit dem serienmäßigen
Nummerntaferlträger läßt sich mit etwas Geschick und einer
kleinen LED Nummernschildbeleuchtung aus dem Zubehör auch selbst
etwas basteln.
Verkauf 2016
Kein anderes Motorrad habe ich auch nur
annähernd so lange in der Garage behalten wie die
WR250R: sieben Jahre. In der Summe der
Eigenschaften war die WR250R das beste Motorrad, das ich
bisher besessen habe. Ein Schweizer Messer der
Motorradbaukunst. Bis zum Zeitpunkt des Verkaufs
gab es keinerlei technische Probleme. Die in Japan
produzierte WR250R ist allererste Qualität.
Billigteile an den maßgeblichen
Stellen sucht man daran vergeblich, sei es Rahmen,
Fahrwerk oder Motor. Hochstabil, belastbar, schön,
voll alltagstauglich und dabei auch noch leicht und
gemessen am Hubraum auch stark im Rahmen der
Möglichkeiten einer offenen Homologation.
Meine WR250R wäre noch lange problemlos gefahren,
doch habe ich mich nach den sieben Jahren nun zum Verkauf
entschlossen. Man wird sehen, ob ich es noch bereuen
werde.
Dem neuen Besitzer wünsche ich mit diesem Fahrzeug viel
Freude und eine ebenso problemfreie Zeit wie ich es hatte.
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