Zu dieser Seite
Mein irrwitzigstes und schwierigstes Fahrradprojekt bisher: Totalumbau eines trendigen Felt Speedway Cruisers zum fahrbaren Rad für Kurztouren. 8-Gang Schaltnabe, Scheiben- und Rollenbremse, fette Reifen, optisch reizvoll, dennoch einwandfrei zu fahren, sogar mit hochwertiger Lichtanlage. Das Rad, bei dem der Urlaub mit Sonne und Meer eingebaut ist. Dieses schöne Rad befindet sich wg. Verkaufs nicht mehr in meinem Fuhrpark. Der Umbau war aber zu gut und trickreich, um die Dokumentation einfach zu löschen.
Kontextlinks

Custom Feltcruiser Umbau
Wot dät?

Nach einem 6 Monate andauernden harten Tiefschneewinter
kam die Entdeckung dieses Rahmens genau richtig. Dies liefert
zumindest ideell die dringend notwendige Sonne, den Strand und die
Sorglosigkeit, die man unter den harten Bedingungen des Winters
schmerzlich vermisste. Also: her damit. Problem ist allerdings, dass
die verbauten Komponenten keinen ausgiebigen und universellen Gebrauch
des Rades erlauben, da zum einen keinerlei Straßenverkehrsteile
verbaut sind, zum anderen die Qualität und Ergonomie einiger Teile
nicht überwältigend ist. M.a.W. hier wird komplett umgebaut.
Weg vom reinen Stylingobjekt hin zu einem lässigen aber auch
einsatzfähigen Spaß- und Nutzrad. Was auf jeden Fall bleibt,
sind unpackbar fette Reifen und Felgen. Dieses Zugeständis ans Styling
war verpflichtend, und letztendlich ist es auch über den Fahrkomfort
argumentierbar. Allerdings werden komplett neue Laufräder aufgebaut.
Projektstart
Neuwertig gebraucht gekauftes Felt Rad "Speedway", bereits in beginnender Zerlegung.
Eigentlich hätte man nur den Rahmen mit Steuersatz gebraucht.
Und klarerweise die Mäntel und Schläuche.
Der Rest wird neu aufgebaut bzw. umgebaut.
Es liegt vor: Reifendicke von 3" (7.3cm), Felgenbreite von
ca 3.8cm und die Felgengröße 24".
Die Kiste wird nun zerlegt, abgeschliffen und pulverbeschichtet.
Das Gröbste kommt erst
Rahmen gestrippt bis auf die einteilige Kurbel, bereits mit der neuen
Kinesis Maxlight Gabel mit IS2000 Scheibenbremsaufnahme.
Das Entlacken des Rahmens ist supermühsam. Alles grob anschleifen,
einstreichen mit lösungsmittelhaltigem Abbeizer, Einwickeln in Plastik,
stundenlang einweichen lassen und dann abspachteln. Danach ausgiebigst
feinschleifen mit verschiedensten Methoden und Geräten.
Teile & Co.
Links: Neue Teile, soweit schon vorhanden. In der Mitte die neue Kurbel
mit BMX Lagern. Extrem stabil, ca 1200g incl Innenlagerung. Unten
quer die filigranen 212er Sapim race Speichen in schwarz. Leider
wird es da noch Probleme geben, weil die Speichen am Hinterrad 5mm
zu lang sein werden. Siehe weiter unten.
Rechts der Originalvorbau mit Lenker.
Links der serienmäßige
Steuersatz, welcher weiterverwendet wird.
Rechts: Hier die neue NOX 27.2mm Sattelstütze, welche
incl. Canyon Sattel auf 465g kommt (und letztendlich gar nicht
verbaut wird, weil ich die schwerere Fast Forward Stütze
von Profile Design verwende, um das schräge Sitzrohr
auszugleichen).
Dann ein passender 69cm breite Lenker (260g) incl. 5cm Box-Vorbau
(220g) mit 31.8mm Klemmung. Die Griffe mit Schraubklemmung wiegen 83g,
und die (nicht verbaute) Steuerrohr-Zugstange, welche die Gabelkralle
ersetzen soll, aber nicht passt, wiegt 75g. Später wird per Teilerotation
eine Kombination aus Spank 2-Timer und Pro Light Agordo Lenker (insges. 368g)
verbaut.
Außerdem im Bild die Shimano 324 Pedale (262g
pro Stück). Eine Seite zum Einklicken, die andere für
normale Schuhe. Diese werden später durch Shimano PD-M520 ersetzt.

Die Originallaufräder. 2.6mm dicke durchgehende Speichen, vorne
Trommelbremse, hinten 3 Gang-Nabe mit Rücktrittbremse.
Das Vorderrad wiegt übrigens ohne Bereifung genau 1800g, das Hinterrad ist weit schwerer.
Hier sieht man die bereits fertiggestellte Kinesis Gabel.
Arbeitsaufwand ohne Experimentier- und Einweichphasen ca. 4h.
Beim Rahmen rechne ich deutlich mehr, weil dort wesentlich mehr
versteckte Ecken zu schleifen sind.
Das Gröbste ist geschafft
Der Rahmen ist endlich fertig zum Beschichten. Kleine Unsauberkeiten
verbleiben, aber mir reichts. Das war ein schönes Stück
Arbeit. Dieser Rahmen hat etwas unter 3kg, die Kinesis Gabel kommt
auf 750g. Das ist also gar nicht so schlimm wie es aussieht.
Betrachtet man die Serienteile des Rades, dann ist der Rahmen
geradezu ein Leichtbau. Die Seriengabel hat knapp 1500g,
also doppelt so viel wie die Kinesis Gabel. Der Felt Drop Ten
Vorbau hat 395g, der Lenker incl. Griffe hat 800g(!).
Die Laufräder sind wie schon gesagt ebenfalls keine
Leichtgewichte. Man kann fast davon ausgehen, daß das
umgebaute Rad incl. Beleuchtung, 8-Gang Nabe, Nabendynamo,
DH-Vorbau und Lenker usw. deutlich leichter wird wie das Serienrad.
Innenlagergehäuse und Steuerrohr wurden durch die gezeigten
notdürftigen Konstruktionen verschlossen. Unnötig, wie sich
rausstellen wird, da der Beschichtungsbetrieb das Zeug wieder abmontiert
und eigene Verschlußmethoden verwendet. Der Gabelschaft wird beim
Beschichten mit hitzefestem Klebeband geschützt. Das Ergebnis ist
sehr befriedigend und sauber ausgeführt.
Laufradbau

Geplant ist 2fach gekreuzte
Einspeichung mit jeweils dicken Dynamo- bzw. Getriebenaben. Mit der
24" Felge ergibt dies sehr kurze Speichen, die außerdem unbedingt
schwarz sein sollen. Mit großem Glück finde ich dank einem
kooperativen Händler 212mm Sapim Race Doppeldickendspeichen
(2.0/1.8) in schwarz. Woanders war nicht annähernd etwas in dieser
Länge und in schwarz zu kriegen.
Am Vorderrad werden 211mm und 210mm benötige. Am Hinterrad
brauche ich letztendlich ca 203mm und 207mm Speichenlänge.
Kürzere Speichen sind nicht aufzutreiben, und eine Firma,
welche die Speichen einkürzen würde, ist ebenfalls nicht
zu finden. Abhilfe schafft nun ein Supertip aus dem Usenet.
Es gibt eine Speichengewindewalzmaschine zu einem akzeptablen
Preis. Die Maschine wird bestellt und trifft 1 Tag später(!)
bei mir ein. Klasse.
Man sieht hier den Schneidkopf für 2mm dicke Speichen. Das dicke
Ende der Sapim reicht gerade aus, um 10mm mehr Gewinde aufzuwalzen.
Mit der Maschine komme ich auf Anhieb klar, und ob die Qualität
des aufgewalzten Gewindes reicht, muß sich zeigen. Im Bild ist
der Unterschied zwischen Originalgewinde und Verlängerung gut
erkennbar. Bei dieser Speiche wurde etwas zu weit gewalzt. Man muß
auf jeden Fall mehrfach walzen damit das Gewinde deutlich
genug hervortritt.
Es funktioniert dabei problemlos, in den vorhandenen Gewindeansatz
nichtzerstörend einzufädeln.
Die Schieblehre zeigt an, daß die Speichen im Bereich des
Originalgewindes 2.24mm dick ist und im Bereich der eigenen
Verlängerung etwa 2.15mm. Man kann nur hoffen, dass das neue
Gewinde die Speichenspannung aushält. Die Speichen werden vor
der Gewindebehandlung um wenige Millimeter gekürzt.
Teilergebnis

Das erste Teilergebnis, provisorisch auf die alten
Laufräder gestellt. Man kann hier auch gut mit den Gesamtbildern
ganz unten vergleichen. Die Speichen dieser Laufräder sind 2.6mm dick,
die Speichen der neuen Räder nur 1.8mm.
Das vordere Schutzblech ist in der neuen Gabel zu hoch, und muß
noch tiefer gelegt werden.
Eine böse Überraschung nach dem Beschichten: der Hinterbau ist
am Ausfallende leider nur 12cm breit. Zu spät gesehen. An dieser
Stelle wäre der Plan mit der Shimano Inter-8 nabe samt Rollenbremse
fast zerschlagen worden. Nur dank einiger guter Tips konnte ich hier
überhaupt weiterkommen.
Jetzt beginnt das Gefrickel

Im Bild das neu gebaute Hinterrad mit der Shimano Inter-8 Nabe ohne
Rollenbremse und mit dem Kettenspanner. Die Nabe passt in den Hinterbau,
wenn man sie ohne die zusätzliche Mutter und ohne die Abdeckung
des Rollenbremsflansches mit einer schmäleren Kontermutter auf
der Bremsseite montiert. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar,
ob man jemals überhaupt eine Hinterbremse montieren können
würde.
Flaschenöffner
Hier der Surly Toggnut Chain Tensioner, den ich verbauen muß damit
das Hinterrad beim starken Antritt nicht nach vorne rutscht. Außerdem
hat das Teil einen integrierten Flaschenöffner. Es mußte wie so
viele andere Teile bearbeitet werden (Bild2) um die
Verdrehsicherungsscheibe der Shimano Inter-8 Nabe sinnvoll verbauen
zu können. Zu diesem Zeitpunkt war immerhin klar, daß man
die Nabe wenigstens ohne Rollenbremse verbauen konnte. Aber siehe unten.
Hinterbauproblem

Die BR-IM70 Rollenbremse für
die Inter-8 Nabe hat nach diversen Modifikationen an der Bremse in
den schmalen Hinterbau auf den Millimeter
hineingepasst. Die Toleranz des Hinterbaus wurde voll ausgenutzt, aber er
wurde nicht aufgebogen. Das Rad läßt sich mit etwas Nachdruck
nach vorne und hinten bewegen. Der Rahmen wurde nicht angetastet, insbes.
auch die Halteschiene für die Drehmomentabstützung unten an
der (Nicht-)Kettenstrebe.
Manipulation an der Bremse

Die Rollenbremse wurde vor dem Einbau vollständig zerlegt.
Die schwarze Abdeckung wurde entfernt. Sie hätte nicht hineingepaßt.
Als nächstes wurde das darunterliegende Blech mit dem Seilzughalter isoliert und
stark modifiziert, damit die Drehmomentabstützung an die
Schiene an der Kettenstrebe passt. Ursprünglich war der Ausleger
dieses Blechs viel zu weit nach außen gebogen. Da durch das
Verbiegen nun kein Platz mehr für den Kühlrotor war, mußte
der Ausleger an mehreren Stellen beschliffen werden. Dies ist an den
beiden Bildern sichtbar. Die Feder des Bremsausrückhebels an
der Rollenbremse wird durch das Ausfallende nicht gequetscht, da innen
eine exakt passende duenne Kontermutter eine ausreichende Distanz
schafft. Der Hebel ist somit freigängig.
Erster Meilenstein

Hier nun endlich nach zweimonatiger Arbeit am Projekt das vorläufige Endergebnis. Die Hinterbremse ist im Bild allerdings noch nicht verkabelt. Das Rad fährt etwa wie ein normales Tourenrad. Auf jeden Fall besser als man vermuten würde. Leichtbau ist es keiner, aber mit ca 16kg im finalen Zustand ohne Beleuchtungsanlage liegt man nicht ganz schlecht.
Der vordere Kotflügel wurde mit Hilfe einer Eigenkonstruktion tiefergelegt und passt nun zum hinteren Pendant.
Ergnomie: die Seiten der Hersteller bilden die Fahrzeuge meist mit viel zu tiefen Sattelhöhen ab. Wirklich fahren kann man so aber nicht. Hier wurde daher die nach vorne gebogene Fast Forward Triathlon Sattelstütze von Profile Design verbaut, um den flachen Sitzrohrwinkel auszugleichen. Andernfalls wäre die Sitz- und Tretposition ineffizient.
Update Ende 2006

Umrüstung auf Schmidts Nabendynamo. Der 600g leichte und
sehr edle schwarz eloxierte Nabendynamo ist in Verbindung mit der schwarz pulverbeschichteten
Spank Stiffy Felge ein passendes Upgrade. Diesmal wird ein 32-speichiges Rad mit schwarzen Sapim Laser in 219mm aufgebaut.
Als neue Beleuchtungsanlage werden ein Inolight 20+ und wieder ein
B&M Seculite Plus Rücklicht verbaut.
Italien 2007
Italien 2008 und Umbau
Die schwere Felt BMX Kurbel mit gestecktem US Innenlager wird gegen
eine nur 160mm kurzen schwarzen Sugino Mono Kurbel mit 38er
Kettenblatt ausgetauscht. Das Rad wird ein Pfund leichter und die
Ergonomie ist für mich besser. Darüberhinaus kann ein
solides Patroneninnenlager gefahren werden, welches in einem Adapter
der Firma Shaman Racing im US Lagergehäuse montiert wird.
Verkauft
Im September 2008 wurde das orange Monster verkauft, zu Gunsten meines
neuen Big Dummy Projekts. Dem neuen Besitzer
wünsche ich so viel Freude mit dem Gerät, wie ich es hatte.
Ich werde diesem lässigen Rad zweifellos etwas nachtrauern, insbes. bei
unseren kleinen Italienausflügen.
Zum Seitenanfang