Historisch
Zurückblickend war das bei mir so, daß ich als junger Mensch meine Begeisterung für schnelles Radfahren mit entsprechend leichtem Straßenrad („Rennrad“) entdeckt und dann intensiviert habe, und somit auf mehrere Jahre mit vielen – nahezu täglichen – bergigen und sportlichen Radrunden bei jedem Wetter zurückblicken kann. Alternativen waren für mich damals nur ganz viel Zu-Fuss-Gehen, sowie urbaner öffentlicher Nahverkehr im Alltag (letzteres gibt es am Land speziell hier in Niederbayern bis heute nicht in attraktiver oder wenigstens verlässlicher Form). Später (immer noch relativ „jung“) kam es dann unter anderem aus gesundheitlichen Gründen zum Kauf des ersten Motorrades, denn ich hatte von Jugend an den 80er bzw. dann 125er Führerschein. Das war die Zweitakt RS 125 von Aprilia. Ab dann ging es schnell mit dem vollen Lappen in zwei Stufen und mit dem Einstieg ins Einzylinder Enduro- und Sportenduro-Segment. Das war prägend, weil man diese leichten, bissig reagierenden Fahrzeuge nicht mehr aus dem Sinn kriegt. Daran misst sich später alles andere. Wie beim Radfahren wurde auch dieses Hobby intensiviert bis in motorsportliche Bereiche hinein, also Endurosport, Supermoto, sowie gelegentliches Befahren grosser Rennstrecken. Später wurde der motorsportliche Teil dann ad acta gelegt (Zeit, Geld, Familie). Dennoch bin ich meistens bei leichten und interessant zu fahrenden Motorrädern geblieben, habe mich aber auf Alltagsfahrten, Touring, Urlaubsanfahrten und die Ermittlung besonders schöner Pendelstrecken beschränkt. Motorradfahren war über viele Jahre mein einziges relevantes Mittelstrecken-Verkehrsmittel. Als Winteralternative bot mir die Bahn in Verbindung mit einem Klapprad ein geschätztes Ausweichszenarium.
Das Radfahren blieb natürlich und wurde verbreitert auf weitere Radtypen und Nutzungsweisen, allerdings weniger sportlich, mehr als Erholungssport und Touring. Autos spielten bis dahin keine grosse Rolle. Ein alter verbeulter Kleintransporter war für die unvermeidlichen Transporte von Motorrädern zu Strecken in der Garage. Abgesehen davon konnte ich dem Thema Auto nichts abgewinnen: Stauverkehr, Sprit- und Zeitfresser, Rollsessel mit Nervpotential. Diesbezüglich habe ich nie mit einer Veränderung gerechnet, und doch: sie kam, und sie kam deutlich.
Fahrrad- und teilweise auch Motorradfahren barg immer ein hohes Mass an Fahrfreude und auch sportlicher Aktivität. Nicht nur Fahrradfahren, sondern auch Motorsport ist tatsächlich körperlich anspruchsvoll, im Gegensatz zum regelkonformen Straßen-Motorradfahren, welches mit „Sport“ quasi nichts zu tun hat. Nur das mühsame Anziehen mehrerer Bekleidungsschichten und spezieller Motorradbekleidung kann u.U. anstrengend sein, vor allem bei warmem Wetter. Straßefahren mit Motorrädern ist am ehesten Mentalsport, wie eigentlich jede Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr. Man hat keinen Fehlversuch frei.
Die Nutzung von Autos war für mich meistens am Lenkrad drehende Zeitverschwendung, unerfreuliche Zwangsfahrerei, hitziges Dahingegurke mit Abgaserzeugung, Manifest eines fragwürdigen Mobilitätsgrundrechtes a la „musst halt mit dem Auto hinfahren“. Das hat sich mit dem Kauf eines für uns finanzierbaren E-Kleinwagens, zu der Zeit noch mit der vollen „Förderung“ ins Gegenteil gekehrt. Das war ein Gamechanger. Trotz unserer Flut an Autos im kleinstädtischen Kurzstreckenverkehr möchte ich auf so ein Auto in der Garage seither nicht mehr verzichten. Damit hat Automobilität für mich wieder einen Sinn erhalten.
Was bedeutet mir der Begriff „Mobilität“?
Von der althergebrachten Zweiteilung in Spaß- und Zwangsmobilität, typischerweise also Freizeitfahrten gegenüber beruflich bedingter Fahrten wie Pendeln habe ich mich längst verabschiedet. Das sind Scheinkriterien. Zum einen spricht nichts dagegen, daß beruflich bedingte Fahrten Spaß machen dürfen oder mit vermeintlichen Freizeitfahrzeugen erledigt werden können. Andererseits sind Freizeitfahrten ein Kraftgeber, also u.U. etwas wunderbares, was großen Einfluss auf die Arbeitsmotivation und somit die Produktivität haben kann. Warum sollte man das trennen? Warum sollte ich mir den unvermeidbaren Anteil an privater wie beruflicher Pflichtmobilität durch eine verbissene Brutalmentalität verderben? Anekdotisches Beispiel: Der verbissene Autopendler, der mich als Fahrradpendler beim rücksichtslosen Rechtsabbiegen über den Radweg zur Vollbremsung zwingt und dann in seiner Verärgerung über meine alleinige Anwesenheit als Radfahrer auf dem Radweg als Argument die Dringlichkeit seiner Arbeitsfahrt verwendet, die ich in gleichem Masse für mich beanspruchen könnte. Warum sollte man sich diese Form der Mobilität selbst so verderben, um letztendlich dann dauerfluchend und mit Maxspeed im Herzinfarktmilieu anzukommen? Diese Frage stelle ich mir auch selber ganz bewusst.
Ich hatte bisher reichlich Stress im Leben (und natürlich auch schöne und coole Zeiten). Mit dem Elektro-Twingo komme ich an einen Punkt, wo die Automobilität und sogar die berufliche Mobilität in der heutigen extrem überdreht autolastigen Zeit wieder funktioniert. Das läuft wirklich anders, technisch und auch im Kopf, also mental. Selbstverständlich fahre ich sehr ökonomisch, ob nun im Windschatten hinter LKWs (Abstand!) oder frei entspannt rollend, immer mit erfreutem Blick auf den niedrigen kWh Umsatz, und ohne nennenswerte Lärmkulisse, und dann – sofern es sich im Hinterland ergibt – ohne jedes Inferno, ohne jede Penetranz und frei von „Jetzt kim i“ Ego-Irrsinn auch mal mit dem speziellen Spaß, den einem nur ein E-Auto in dieser Form geben kann: Der verrückte Katapulteffekt, der traumhafte mühelose Zoom aus niedrigem Tempo heraus. Nach dem Spaß holt man sich einen Teil der Beschleunigungsenergie bei der Verzögerung wieder in den chemischen Energiespeicher, also man verliert eben nicht die ganze Wucht in Form von Hitze und giftigem Rauch. Und das ist sowohl technisch als auch fahrerisch sehr befriedigend. Das lässt einen selbst im generell langsam fahrenden Kleinwagen sehr ruhig und cool werden, und sehr gern lässt man dann ggfs. den einen oder anderen Drängler bei nächster Gelegenheit dankbar überholen. Auf diese Form des Autofahrens werde ich vermutlich nicht mehr verzichten wollen.
Mobilität ist Bewegung
Damit komme ich zum Punkt. Es fällt mir sehr schwer, den Begriff Mobilität einzuschränken auf „Von A nach B“. So unsinnig es ist, „um den Block zu fahren“, und so etwas käme mir nicht in den Sinn, stellt sich die Möglichkeit individueller und speziell auch motorisierter Mobilität als etwas für mich ziemlich grundlegendes und menschliches dar. Es gibt mir etwas ganz wichtiges, das sich nicht einfach in den typischen Standard-Kategorien und Begriffen der Mobilität einordnen lässt. Voraussetzung für mich ist, daß die genannten Aspekte, also Minimierung des eigenen Footprints, Verzicht auf fahrerisches Schmeissfliegentum und wann immer es geht die unauffällige und reizvolle Nutzung von Alternativ-Verkehrswegen wie wenig befahrenen Kleinstraßen und Hinterlandrouten im Vordergrund stehen. Und dann passiert wirklich eine spannende und für mich realitätsnahe Gewichtung, nämlich daß ein elektrischer Kleinwagen in echter Konkurrenz zum Lasten-Pedelec steht, weil beide Fahrzeuge ökonomisch sinnvoll sind und relativ wenig Platz brauchen, und weil beide Fahrzeuge mir Freude machen. Damit fällt ein meiner Ansicht nach bedrängendes Scheinargument a la „Ich muss auf jeden Fall alles immer mit dem Fahrrad erledigen“ weg. Nein, ich habe tatsächlich die freie Wahl, und wenn ich mit dem wunderbaren Yoonit Cargobike fahre, dann tue ich das ganz bewusst und mit der gleichen Freude, wie wenn ich den Twingo benutze. Bezeichnend ist für mich, daß ich gerade mit dem Yoonit Cargobike immer wieder mal meine Transportrunden bewusst verlängere oder gar größere Runden damit fahre, weil es Freude macht. In diesem Sinne kann ich Pflichtmobilität ähnlich attraktiv gestalten wie Freizeitmobilität: ganz bewusst, genussvoll, angepasst an die gesamte Situation, ob nun Wetter oder eigene Befindlichkeit, und es gibt nur wenig, was mir das dann noch versauen könnte.
Es ist für mich nicht mehr allein der Fahrzeugtyp. Das ist nicht bestimmend für meinen Mobilitätsbegriff. Bestimmend ist die Technik, der Wunsch nach nichtzerstörender und möglichst angemessener Aktivität, sowie meine persönliche Befindlichkeit, also was ich in dem Moment für mich bevorzuge oder benötige, und diesen individuellen Anteil möchte ich mir unter meinen beschriebenen Randbedingungen erlauben dürfen. Es wird in der Tat viel sanfter und dabei viel attraktiver. Die dringend benötigte Entschleunigung, die Bewusstheit über die superangenehmen Aspekte moderner individueller Mobilität, und die Fahrfreude, an der die aktuelle Fahrzeugtechnik einen großen Anteil hat, gehen voll Hand in Hand.