Projekt 2006: Yamaha Tricker

Idee

Gefragt war ein geländetaugliches und leichtes Universalmotorrad mit offen eingetragener Briefleistung, einem möglichst unverwüstlichen und hinreichend kurz übersetzten Motor, minimalistischem Gesamtkonzept und optimalem Spaß-Kosten Quotient. Insbesondere gefragt war auch ein niedriger Fahrlärmpegel und akzeptable Anschaffungs- und Betriebskosten. Die kompakte und entfernt an ein Trialmotorrad erinnernde niedrige Bauform des Trickers mit dem speziellen Erscheinungsbild erschien sehr reizvoll, was letztendlich der ausschlaggebende Faktor war, dieses Fahrzeug einer normalen straßentauglichen Enduro (DRZ usw.) vorzuziehen.
Verzichtet wird dagegen u.a. auf ein großes Tankvolumen, hohe Endgeschwindigkeit, motorradtypische Fahrleistungen und Überholvermögen, Edelteile, hochwertige Fahrwerksteile und Reifenauswahl.

Friaul 2007 Yamaha Tricker
Friaul 2007 Yamaha Tricker

Fzg.gewicht

Vorderrad/Hinterrad Messmethode: fahrbereit mit STVZO Teilen und div. Originalzubehörteilen, ohne Beifahrerteile, Tank halb voll: 121kg. 64kg hinten und 57kg vorne. Gemessen ohne jegliche STVZO Teile, Lichter, Seitenständer, Heck, Heckbügel mit leerem Tank: 113kg.

Endurotauglichkeit

5 Tage Endurowandern mit dem Tricker beweisen klar, daß der Tricker offroadtauglich ist. Man fährt im Vergleich zu Sportenduros mit etwas reduziertem Tempo mangels Federweg und Vorderreifengrip, klettert aber an kniffligen Stellen sehr gut und meistert notfalls auch rutschige schlammige Passagen. Der Vorderreifen ist tückisch und man vermißt die präzise verläßliche Führung eines grobstolligen Endurovorderrades gelegentlich. Beim Endurowandern ist der unauffällige und unaggressiv leise Motorlauf ein Genuß.

Friaul-Enduro mit Yamaha Tricker
Friaul-Enduro mit Yamaha Tricker

Indoortauglichkeit

Im Kart World (ex-Kartsportcenter) Salzburg wurde der Tricker auf Indoor-Potential hin getestet. Ein kurzes Video dazu ist bei Youtube.com zu besichtigen (siehe unten). Die Serienbereifung taugt je nach Belag ganz passabel für die Karthalle. Der Grip begann in der Kart World abzureissen in einem Bereich, wo bereits der Rahmen bei den Fußrastenträgern aufzusetzen droht und man sich ohnehin aushebelt. Der Fahrstil ist vorsichtig anzupassen, indem möglichst viel Gewicht vom Motorrad genommen wird und auf die kunststoffplattenbewehrte Gleitsohle des Innenfuß gebracht wird um Aufsetzen zu verhindern und etwas Ruhe in das weiche Fahrwerk zu bringen.

Es wurde auch ein einstellbares WP Federbein mit 85 N/mm Feder verbaut, welches das Fahrzeug weniger tief einsinken läßt. Unten an die Standardfußrasten wurden zurechtgeschliffene aus Brotzeitbrettln ausgesägte Kunststoffpads angeschraubt, wie es oft vom Hallenbetreiber vorgeschrieben ist.


Das linke Bild zeigt die eingeschränkte Schräglagenfreiheit des Tricker. Trotz deutlich härteren Federbeins gegenüber Serie setzt bereits bei moderater Schräglage (im Supermotobetrieb!) mitunter der Rahmen beim Fußrastenträger auf. Vergleiche anhand des rechten Bildes selbige Stelle gefahren mit Beta Motard 400, ebenfalls kein besonders sportliches Moped, aber deutlich mehr Schräglagenfreiheit und Rundenzeiten um 2 Sekunden schneller, was nicht an der Motorleistung liegt. Im Straßenbetrieb ist das allerdings kein Thema.

Indoor-Video und Bilder

Herzlichen Dank an Volker für die genialen Fotos!

Ohne Straßenteile

Verschiedene Umbaumaßnahmen für Wintereinsätze in Hallenkartbahn. Schwarze Krümmer- und Endtopfblende. Und auch in der Halle immer schön leise. Siehe Videolink im Kontextbereich rechts.

Straßenverkehrszustand und Navigationssystem

Umbau: Touratech Bordnetzsteckdose am Lenker für saubere Stromversorgung von GPS Geräten u.dgl. Es wurde direkt von der Batterie bzw. vom zentralen Masseanschluss am Motorblock ausgehend verkabelt. Dank der Japan-Sammelbestellung eines trickerfahrenden Bekannten war es möglich, 2008 noch an neue Motorschutzringe zu kommen. In Europa sind Tricker-Zubehörteile seit langem nicht mehr erhältlich.

Vergaser

Yamaha Tricker Vergaser Teikei MV33 Mit Abmessungen. Der Tunnel der Gemischeinstellschraube ist zerstört und wurde notdürftig geflickt.
Yamaha Tricker Vergaser Teikei MV33 Mit Abmessungen. Der Tunnel der Gemischeinstellschraube ist zerstört und wurde notdürftig geflickt.

Eine der weniger schönen Seiten am Tricker ist der kapriziöse Teikei MV33 Vergaser. Eine wirklich einwandfrei saubere Einstellung ist mir bisher nicht gelungen, stattdessen habe ich die Leerlaufgemischregulierschraube samt Gewinde zerstört und mühsam restauriert. Im Bild der Vergaser mit grob ermittelten Außenabmessungen. Wesentlich mehr Platz ist am Fahrzeug nicht geboten, bei größeren Vergasern wird es zu eng.

Digitalanzeigeinstrument

Es wurde ein optisch unauffälliges kleines DET 100 Digitalanzeigeinstrument statt des serienmäßigen Analogtachoblocks verbaut. Instrumentenblock wie Blinker lassen sich nun leicht unter den vorderen Seitendeckeln abstecken, ohne am Kabelbaum unterm Tank arbeiten zu müssen. Unterm rechten Seitendeckel ist allerdings nun ein unglaublicher Kabelwirrwar zu finden. Die neuen Steckverbindungen wurden so gestaltet, dass man wahlweise jederzeit das Serieninstrument statt des Digitalinstruments verbauen kann. Auch hierzu muss nur unter dem rechten vorderen Seitendeckel umgesteckt werden. Umbaudetails siehe unten.

Umbau auf Digitalinstrument

Erste Schlüsselstelle beim Umbau sind die beiden links gezeigten Stecker. Damit ist der Tachokabelstrang am Hauptkabelstrang angesteckt. Die Stecker waren leider nicht aufzutreiben. Somit wurden sie mit ca 10cm Kabel daran vom Tachokabelbaum abgeschnitten und mit neuen KFZ-Steckern versehen. Man erhält zwei Adapterkabel vom Hauptkabelstrang zum Tachokabelstrang, an dessen abgeschnittenem Ende natürlich passende Gegenstecker montiert werden müssen. Ziel ist, statt des Analoginstruments hier ein Digitalinstrument mit einem passend modifizierten Kabelstrang anzustecken. Rechts im Bild sieht man die Adapterkabelstücke angesteckt am selbstmodifizierten Teilkabelstrang des Digitalinstruments. Daneben das Serieninstrument mit passenden Steckern für die Adapterkabel. Die Steckerbelegung ist auszutüfteln und birgt zwei kleine Fallen:

  • Die beiden am Tachogehäuse verschweissten und nicht einsehbaren Leitungen führen zu einem Reedschalter im Tacho, der nicht verwendet wird. Diese werden also nicht weiter benutzt.
  • Das im Stecker vorhandene Blinkersignal schaltet invers und nicht gegen Masse. Hier zapft man besser direkt die Blinkerleitungen an, Führt beide (links und rechts) unter den rechten Seitendeckel und versieht sie mit einem 2pol. Stecker. Dies ist beim Tricker einfach, da die Leitungen in den dicken Kabeltüllen unterm Tank zugänglich liegen und einfach auffindbar sind.

Für den Drehzahlmesser im neuen Instrument wird Zuleitung wie Massekontakt am Zündspuleneingang verwendet und ebenfalls mit 2pol. Stecker unter den Seitendeckel geführt.

Hier das Display mit dem angepassten und verschrumpften Kabelpolyp mit 4 Anschlußsteckern. Die gezeigten Stecker sind wie folgt belegt:

  • Instrumentenblock-Hauptkabelstrang 1 (4pol.)
  • Instrumentenblock-Hauptkabelstrang 2 (3pol.)
  • Zündungsimpuls (2pol., weiße Markierung)
  • Blinker-Zuleitungen (2pol.)

Drei Leitungen der 3- und 4-poligen Stecker sind wie beschrieben nicht belegt, da unbrauchbar. Auf den restlichen 4 Leitungen ist Schaltplus, Masse, Fernlichtkontrollleuchte und Neutral-Kontrollleuchte, und diese müssen nur passend ans Digitalinstrument geleitet werden. Die weiteren Leitungen des Digitalinstruments mit den kleinen Steckern daran sind:

  • Geschwindigkeitssignal von Reedschalter mittels Bremsscheibenmagnet
  • Öltemperatur von Sensor in abgebildeter spezieller Ölablaßschraube
  • Schaltblitz (nicht benutzt)

Rechts zu sehen ist der Scheinwerferhalter ohne Tachoblock mit den neuen Steckern an den Blinkerzuleitungen. Damit können auch die Blinker unter dem linken Seitendeckel ab- und angesteckt werden, ohne dass man an die Stecker unterm Tank heran muß.

Heckverkabelung

Die ab Werk völlig ungeschützte Verkabelung von Rücklicht und hinteren Blinkern durch einzeln verlegte Leitungen kann man mit Schrumpfschlauch in verschiedener passender Dicke verbessern. Ganz links im Bild, beim Rücklicht werden die drei Leitungen von Licht und den beiden Blinkern durch einen Kabelbinder wie serienmäßig vorhanden zusammengefasst. Mit einem dicken Schrumpfschlauch wird dann der hintere Bereich bis zum Stützblech verhüllt. Ab hier verläuft das Lichtkabel geschützt zwischen Plastikkotflügel und Blech, die Blinkerleitungen dagegen verlaufen ungeschützt durch die Ösen und werden deshalb mit etwas dünnerem Schrumpfschlauch zusammengefasst, soweit sie im Kotflügelbereich verlaufen. Die kurzen einzelnen Leitungen zum Rücklicht können mit Klebeband weiter geschützt werden. Die Gefahr von Kabelrissen durch hochgeschleuderte Gegenstände wird verringert, und die Reinigung unter dem Heckkotflügel wird vereinfacht. Das Stützblech ist extrem schwer. Man könnte durch eine saubere Metallbearbeitung durch Ausschneiden bzw. -bohren hier etwas Gewicht am Heck loswerden, ohne nennenswert Stabilität einzubüssen.

Yamaha Tricker Umbau: bessere Verlegung der völlig ungeschützten Heckverkabelung
Yamaha Tricker Umbau: bessere Verlegung der völlig ungeschützten Heckverkabelung

Verkauft

Mein Tricker wurde Feb. 2009 verkauft zugunsten einer Yamaha WR250R. Dem neuen Besitzer wünsche ich mit dem Fahrzeug viel Spaß.