Build Page 2006: Custom Feltcruiser Umbau

Wot dät?

Nach einem 6 Monate andauernden harten Tiefschneewinter kam die Entdeckung dieses Rahmens genau richtig. Dies liefert zumindest ideell die dringend notwendige Sonne, den Strand und die Sorglosigkeit, die man unter den harten Bedingungen des Winters schmerzlich vermisste. Also: her damit. Problem ist allerdings, dass die verbauten Komponenten keinen ausgiebigen und universellen Gebrauch des Rades erlauben, da zum einen keinerlei Straßenverkehrsteile verbaut sind, zum anderen die Qualität und Ergonomie einiger Teile nicht überwältigend ist. M.a.W. hier wird komplett umgebaut. Weg vom reinen Stylingobjekt hin zu einem lässigen aber auch einsatzfähigen Spaß- und Nutzrad. Was auf jeden Fall bleibt, sind unpackbar fette Reifen und Felgen. Dieses Zugeständis ans Styling war verpflichtend, und letztendlich ist es auch über den Fahrkomfort argumentierbar. Allerdings werden komplett neue Laufräder aufgebaut.

Projektstart

Neuwertig gebraucht gekauftes Felt Rad „Speedway“, bereits in beginnender Zerlegung. Eigentlich hätte man nur den Rahmen mit Steuersatz gebraucht. Und klarerweise die Mäntel und Schläuche. Der Rest wird neu aufgebaut bzw. umgebaut. Es liegt vor: Reifendicke von 3″ (7.3cm), Felgenbreite von ca 3.8cm und die Felgengröße 24″. Die Kiste wird nun zerlegt, abgeschliffen und pulverbeschichtet.

Das Gröbste kommt erst

Rahmen gestrippt bis auf die einteilige Kurbel, bereits mit der neuen Kinesis Maxlight Gabel mit IS2000 Scheibenbremsaufnahme. Das Entlacken des Rahmens ist supermühsam. Alles grob anschleifen, einstreichen mit lösungsmittelhaltigem Abbeizer, Einwickeln in Plastik, stundenlang einweichen lassen und dann abspachteln. Danach ausgiebigst feinschleifen mit verschiedensten Methoden und Geräten.

Teile & Co.

Links: Neue Teile, soweit schon vorhanden. In der Mitte die neue Kurbel mit BMX Lagern. Extrem stabil, ca 1200g incl Innenlagerung. Unten quer die filigranen 212er Sapim race Speichen in schwarz. Leider wird es da noch Probleme geben, weil die Speichen am Hinterrad 5mm zu lang sein werden. Siehe weiter unten. Rechts der Originalvorbau mit Lenker. Links der serienmäßige Steuersatz, welcher weiterverwendet wird.
Rechts: Hier die neue NOX 27.2mm Sattelstütze, welche incl. Canyon Sattel auf 465g kommt (und letztendlich gar nicht verbaut wird, weil ich die schwerere Fast Forward Stütze von Profile Design verwende, um das schräge Sitzrohr auszugleichen). Dann ein passender 69cm breite Lenker (260g) incl. 5cm Box-Vorbau (220g) mit 31.8mm Klemmung. Die Griffe mit Schraubklemmung wiegen 83g, und die (nicht verbaute) Steuerrohr-Zugstange, welche die Gabelkralle ersetzen soll, aber nicht passt, wiegt 75g. Später wird per Teilerotation eine Kombination aus Spank 2-Timer und Pro Light Agordo Lenker (insges. 368g) verbaut. Außerdem im Bild die Shimano 324 Pedale (262g pro Stück). Eine Seite zum Einklicken, die andere für normale Schuhe. Diese werden später durch Shimano PD-M520 ersetzt.

Felt Speedway Cruiser Umbau: diese schweren Originallaufräder wurden nach dem Umbau verkauft.
Felt Speedway Cruiser Umbau: diese schweren Originallaufräder wurden nach dem Umbau verkauft.

Die Originallaufräder: 2.6mm dicke durchgehende Speichen, vorne Trommelbremse, hinten 3 Gang-Nabe mit Rücktrittbremse. Das Vorderrad wiegt übrigens ohne Bereifung genau 1800g, das Hinterrad ist weit schwerer.

Und man sieht die bereits fertig abgeschliffene Kinesis Gabel. Arbeitsaufwand ohne Experimentier- und Einweichphasen ca. 4h. Beim Rahmen rechne ich deutlich mehr, weil dort wesentlich mehr versteckte Ecken zu schleifen sind.

Die bereits abgeschliffene Tauschgabel Kinesis Maxlight mit Scheibenbremsaufnahme
Die bereits abgeschliffene Tauschgabel Kinesis Maxlight mit Scheibenbremsaufnahme
Die bereits abgeschliffene Tauschgabel Kinesis Maxlight mit Scheibenbremsaufnahme
Die bereits abgeschliffene Tauschgabel Kinesis Maxlight mit Scheibenbremsaufnahme

Das Gröbste ist geschafft

Der Rahmen ist endlich fertig zum Beschichten. Kleine Unsauberkeiten verbleiben, aber mir reichts. Das war ein schönes Stück Arbeit. Dieser Rahmen hat etwas unter 3kg, die Kinesis Gabel kommt auf 750g. Das ist also gar nicht so schlimm wie es aussieht. Betrachtet man die Serienteile des Rades, dann ist der Rahmen geradezu ein Leichtbau. Die Seriengabel hat knapp 1500g, also doppelt so viel wie die Kinesis Gabel. Der Felt Drop Ten Vorbau hat 395g, der Lenker incl. Griffe hat 800g(!). Die Laufräder sind wie schon gesagt ebenfalls keine Leichtgewichte. Man kann fast davon ausgehen, daß das umgebaute Rad incl. Beleuchtung, 8-Gang Nabe, Nabendynamo, DH-Vorbau und Lenker usw. deutlich leichter wird wie das Serienrad. Innenlagergehäuse und Steuerrohr wurden durch die gezeigten notdürftigen Konstruktionen verschlossen. Unnötig, wie sich rausstellen wird, da der Beschichtungsbetrieb das Zeug wieder abmontiert und eigene Verschlußmethoden verwendet. Der Gabelschaft wird beim Beschichten mit hitzefestem Klebeband geschützt. Das Ergebnis ist sehr befriedigend und sauber ausgeführt.

Laufradbau

Geplant ist 2fach gekreuzte Einspeichung mit jeweils dicken Dynamo- bzw. Getriebenaben. Mit der 24″ Felge ergibt dies sehr kurze Speichen, die außerdem unbedingt schwarz sein sollen. Mit großem Glück finde ich dank einem kooperativen Händler 212mm Sapim Race Doppeldickendspeichen (2.0/1.8) in schwarz. Woanders war nicht annähernd etwas in dieser Länge und in schwarz zu kriegen. Am Vorderrad werden 211mm und 210mm benötige. Am Hinterrad brauche ich letztendlich ca 203mm und 207mm Speichenlänge. Kürzere Speichen sind nicht aufzutreiben, und eine Firma, welche die Speichen einkürzen würde, ist ebenfalls nicht zu finden. Abhilfe schafft nun ein Supertip aus dem Usenet. Es gibt eine Speichengewindewalzmaschine zu einem akzeptablen Preis. Die Maschine wird bestellt und trifft 1 Tag später(!) bei mir ein. Klasse.

Man sieht hier den Schneidkopf für 2mm dicke Speichen. Das dicke Ende der Sapim reicht gerade aus, um 10mm mehr Gewinde aufzuwalzen. Mit der Maschine komme ich auf Anhieb klar, und ob die Qualität des aufgewalzten Gewindes reicht, muß sich zeigen. Im Bild ist der Unterschied zwischen Originalgewinde und Verlängerung gut erkennbar. Bei dieser Speiche wurde etwas zu weit gewalzt. Man muß auf jeden Fall mehrfach walzen damit das Gewinde deutlich genug hervortritt. Es funktioniert dabei problemlos, in den vorhandenen Gewindeansatz nichtzerstörend einzufädeln. Die Schieblehre zeigt an, daß die Speichen im Bereich des Originalgewindes 2.24mm dick ist und im Bereich der eigenen Verlängerung etwa 2.15mm. Man kann nur hoffen, dass das neue Gewinde die Speichenspannung aushält. Die Speichen werden vor der Gewindebehandlung um wenige Millimeter gekürzt.

Teilergebnis

Das erste Teilergebnis, provisorisch auf die alten Laufräder gestellt. Man kann hier auch gut mit den Gesamtbildern ganz unten vergleichen. Die Speichen dieser Laufräder sind 2.6mm dick, die Speichen der neuen Räder nur 1.8mm. Das vordere Schutzblech ist in der neuen Gabel zu hoch, und muß noch tiefer gelegt werden. Eine böse Überraschung nach dem Beschichten: der Hinterbau ist am Ausfallende leider nur 12cm breit. Zu spät gesehen. An dieser Stelle wäre der Plan mit der Shimano Inter-8 nabe samt Rollenbremse fast zerschlagen worden. Nur dank einiger guter Tips konnte ich hier überhaupt weiterkommen.

Provisorischer erster Aufbau mit den alten Laufrädern
Provisorischer erster Aufbau mit den alten Laufrädern

Jetzt beginnt das Gefrickel

Im Bild das neu gebaute Hinterrad mit der Shimano Inter-8 Nabe ohne Rollenbremse und mit dem Kettenspanner. Die Nabe passt in den Hinterbau, wenn man sie ohne die zusätzliche Mutter und ohne die Abdeckung des Rollenbremsflansches mit einer schmäleren Kontermutter auf der Bremsseite montiert. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, ob man jemals überhaupt eine Hinterbremse montieren können würde.

Felt Speedway Custom Umbau: provisorischer Einbau des neuen Hinterrades, passen tut hier noch nichts. Die nicht sehr schöne Sun Doubletrack Felge wurde später zumindest vorne gegen die hübsche Spank Stiffy Felge ausgetauscht. Hinten war dies nicht möglich, da es die Spank nicht mit 36er Speichenlöchern passend für Nexus gibt.
Felt Speedway Custom Umbau: provisorischer Einbau des neuen Hinterrades, passen tut hier noch nichts. Die nicht sehr schöne Sun Doubletrack Felge wurde später zumindest vorne gegen die hübsche Spank Stiffy Felge ausgetauscht. Hinten war dies nicht möglich, da es die Spank nicht mit 36er Speichenlöchern passend für Nexus gibt.

Flaschenöffner

Hier der Surly Toggnut Chain Tensioner, den ich verbauen muß damit das Hinterrad beim starken Antritt nicht nach vorne rutscht. Außerdem hat das Teil einen integrierten Flaschenöffner. Es mußte wie so viele andere Teile bearbeitet werden (Bild2) um die Verdrehsicherungsscheibe der Shimano Inter-8 Nabe sinnvoll verbauen zu können. Zu diesem Zeitpunkt war immerhin klar, daß man die Nabe wenigstens ohne Rollenbremse verbauen konnte. Aber siehe unten.

Hinterbauproblem

Die BR-IM70 Rollenbremse für die Inter-8 Nabe hat nach diversen Modifikationen an der Bremse in den schmalen Hinterbau auf den Millimeter hineingepasst. Die Toleranz des Hinterbaus wurde voll ausgenutzt, aber er wurde nicht aufgebogen. Das Rad läßt sich mit etwas Nachdruck nach vorne und hinten bewegen. Der Rahmen wurde nicht angetastet, insbes. auch die Halteschiene für die Drehmomentabstützung unten an der (Nicht-)Kettenstrebe.

Hinterradeinbau ist nichttrivial. Die Rollenbremse passt eigentlich nicht mehr in den nur 12cm breiten Hinterbau hinein und musste stark modifiziert werden.
Hinterradeinbau ist nichttrivial. Die Rollenbremse passt eigentlich nicht mehr in den nur 12cm breiten Hinterbau hinein und musste stark modifiziert werden.

Manipulation an der Bremse

Die Rollenbremse wurde vor dem Einbau vollständig zerlegt. Die schwarze Abdeckung wurde entfernt. Sie hätte nicht hineingepaßt. Als nächstes wurde das darunterliegende Blech mit dem Seilzughalter isoliert und stark modifiziert, damit die Drehmomentabstützung an die Schiene an der Kettenstrebe passt. Ursprünglich war der Ausleger dieses Blechs viel zu weit nach außen gebogen. Da durch das Verbiegen nun kein Platz mehr für den Kühlrotor war, mußte der Ausleger an mehreren Stellen beschliffen werden. Dies ist an den beiden Bildern sichtbar. Die Feder des Bremsausrückhebels an der Rollenbremse wird durch das Ausfallende nicht gequetscht, da innen eine exakt passende duenne Kontermutter eine ausreichende Distanz schafft. Der Hebel ist somit freigängig.

Erster Meilenstein

Hier nun endlich nach zweimonatiger Arbeit am Projekt das vorläufige Endergebnis. Die Hinterbremse ist im Bild allerdings noch nicht verkabelt. Das Rad fährt etwa wie ein normales Tourenrad. Auf jeden Fall besser als man vermuten würde. Leichtbau ist es keiner, aber mit ca 16kg im finalen Zustand ohne Beleuchtungsanlage liegt man nicht ganz schlecht. Der vordere Kotflügel wurde mit Hilfe einer Eigenkonstruktion tiefergelegt und passt nun zum hinteren Pendant. Ergnomie: die Seiten der Hersteller bilden die Fahrzeuge meist mit viel zu tiefen Sattelhöhen ab. Wirklich fahren kann man so aber nicht. Hier wurde daher die nach vorne gebogene Fast Forward Triathlon Sattelstütze von Profile Design verbaut, um den flachen Sitzrohrwinkel auszugleichen. Andernfalls wäre die Sitz- und Tretposition ineffizient.

Erster richtiger Aufbau des Custom Cruisers mit den geplanten Teilekits und Laufrädern.
Erster richtiger Aufbau des Custom Cruisers mit den geplanten Teilekits und Laufrädern.

Update Ende 2006

Umrüstung auf Schmidts Nabendynamo. Der 600g leichte und sehr edle schwarz eloxierte Nabendynamo ist in Verbindung mit der schwarz pulverbeschichteten Spank Stiffy Felge ein passendes Upgrade. Diesmal wird ein 32-speichiges Rad mit schwarzen Sapim Laser in 219mm aufgebaut. Als neue Beleuchtungsanlage werden ein Inolight 20+ und wieder ein B&M Seculite Plus Rücklicht verbaut.

Italien 2007

Italien 2008 und Umbau

Die schwere Felt BMX Kurbel mit gestecktem US Innenlager wird gegen eine nur 160mm kurzen schwarzen Sugino Mono Kurbel mit 38er Kettenblatt ausgetauscht. Das Rad wird ein Pfund leichter und die Ergonomie ist für mich besser. Darüberhinaus kann ein solides Patroneninnenlager gefahren werden, welches in einem Adapter der Firma Shaman Racing im US Lagergehäuse montiert wird.

Verkauft

Im September 2008 wurde das orange Monster verkauft, zu Gunsten meines neuen Big Dummy Projekts. Dem neuen Besitzer wünsche ich so viel Freude mit dem Gerät, wie ich es hatte. Ich werde diesem lässigen Rad zweifellos etwas nachtrauern, insbes. bei unseren kleinen Italienausflügen. Die Geschichte ist aber noch nicht ganz zu Ende, denn hier gehts weiter: Das orange Monster – reloaded