Wie kams?
Seit dem Kauf des Canyon Dude Fatbikes Ende 2015 war das jährliche Dreikönigs Winterrennen des RSV Bad Griesbach mit dem veranstaltenden Hotel „Das Ludwig“ für mich ein Wunschtermin gewesen. Und jedes Jahr kam wie bestellt irgendetwas dazwischen, oder ich war krank. Auch dieses Mal war der 6.1. seit langem bereits mit einem wichtigen Termin geblockt, der allerdings am Vorabend kurzfristig überraschend verschoben werden musste. Plötzlich war für mich der Start möglich, und auch die Familie hat meinem alleinigen Ganztagesunterfangen zugestimmt. Das hat mich zunächst fast überrumpelt. Ich war davor täglich ohne vorherige Ruhepause o.dgl. im Keller gefahren und dementsprechend nicht besonders frisch oder gar ausgeruht. Aber so eine einmalige Chance lässt man nicht verstreichen. Am Morgen des 6.1. packte ich dann noch müde und etwas unentschlossen alles ins Auto. Die Härte für eine 30km Rennanfahrt bei Minusgraden mit dem Fatbike samt Rennteilnahme und wieder Heimfahrt habe ich (im Gegensatz zu anderen allerdings extrem sportlichen Bekannten!) leider nicht, wenngleich ich normalerweise die Situation „mit dem Auto zum Sport fahren“ strikt vermeide.
Ein Startplatz war dann problemlos direkt vor dem Rennen zu kriegen, das Ende aller Ausreden war erreicht, und so kam es endlich zu meiner Erstteilnahme und meiner ersten Renn-Erfahrung mit dem Fatbike unter MTBs.
Klamotten
Angesagt war schönes Wetter bei -1°C oder 0°C. Die offenbar nicht ganz schlechte Klamottenauswahl war wie folgt:
- Leichte MTB Schuhe (Shimano SPD System) mit Gefrierbeuteln sowohl innen über den Socken als auch aussen unter den Überschuhen, innen sehr lange und dicke Protektorsocken, sowie dünne Überschuhe ganz aussen drüber.
- Lange Rad-Trägerwinterhose mit warmer gefütterter MTB-Überhose – hier lieber zu viel als zu wenig, um Kälte und Nässe zu vermeiden, auch wenn die Beweglichkeit etwas leidet.
- Drei hochwertige Langarmtrikots mit Wintereignung übereinander (zwei davon warm), ganz außen eine leichte MTB Hardshelljacke. Da sieht man dann schon etwas eingepackt aus.
- Halstuch, Fließ-Sturmhaube und der vorgeschriebene Helm, sowie dicke Fingerhandschue
- Schutzbrille, die allerdings wegen zu starken Beschlagens dann abgenommen wurde.
Also gefroren habe ich überraschenderweise nicht, trotz meiner Kälteempfindlichkeit. Die Haut hatte ich übrigens mit einem geeigneten Aloe Vera Öl noch zusätzlich geschützt. Die Sonne wärmte dank der dunklen Kleidung sehr spürbar durch, und die winddichte Hardshelljacke verhinderte ein Auskühlen des schwitzenden Körpers. Die Gefrierbeutel Schuh-Isolation funktionierte auch super.
Bei Rennen braucht man viel Trinkwasser. Eineinhalb Liter heisses Wasser hatte ich in einem Trinkrucksack dabei, wo auch die Utensilien drin waren. Das Wasser blieb bis zum Rennende warm, was super war. Für den Notvorrat war noch eine Trinkflasche am Rad, die halbvoll blieb.
Das Rennen
Die Strategie war dank vieler Zwift Ausfahrten von Anfang an klar: Beim Start hinten anstellen und ruhig beginnen. Um Platzierungen geht es nicht, aber durchkommen muß ich, und wenns geht auch nicht als letzter. Die vorderen Starter starteten hingegen sofort raketengleich, und wie dann später klar wurde, zogen die das Tempo auch durch. Anders sind deren Zeiten nicht zu erklären. Ich landete in der gemütlichen Schluß-Gruppe, die allerdings gleich bei der ersten Abfahrt sehr vorsichtig war. Zu vorsichtig für ein Rennen und meinen Geschmack. Wenigstens bergab würde ich dann doch gerne Tempo machen, und somit war klar, daß ich vorfahren musste, sobald Platz war: Leider erst beim folgenden Anstieg, wo ich dann doch recht früh mal ans Limit gehen musste, um die nächste Gruppe zu erreichen und dort auch mitzuhalten. Diese nächste Gruppe blieb aber nicht stabil, sondern zerlegte sich irgendwie während der folgenden Kilometer, und das führte dann zu meiner Wunsch-Situation: Ich kam irgendwie weg und erwischte einen leeren Slot, wo ich komplett allein dahinfahren konnte, genau mein Pace, kein Stress von hinten, kein Stress von vorne. Nur ein kurzes Intermezzo mit zwei Fahrern, die erst zäh einzuholen waren, dann aber in einem Anstieg zum Stehen kamen, ansonsten keine weiteren Fahrerkontakte mehr! Und das lag auch daran, daß sich hinter mir einige Leute verfahren hatten. Für mich funktionierte der winzige Garmin Edge 130 super, so daß ich stets akurat dem verwinkelten Track folgen konnte.
Und so konnte ich die fünf Checkpoints problemlos abfahren und jeweils meine Streckenkarten abgeben. Beim fünften und letzten Checkpoint stand dann überraschend Mr.Rottal-Total, Reiner Weyrauther himself unter den Streckenposten, und man reichte mir ein „Fahrerbier“. Da musste dann doch eine kurze Verweilpause eingebaut werden, so wichtig kann ein Rennen gar nicht sein. Siehe auch obige Bildergalerie. Weit wars ab hier nicht mehr. Und so lief ich dann „in aller Ruhe“ und ohne mich nochmal extrem verausgaben zu müssen (es hätte auch keinerlei Sinn gehabt) im Ziel ein. Nun, ganz so ruhig wars offenbar nicht, wie man im Nachhinein sehen konnte, denn ein Durchschnittspuls von 160 über 2:11h Fahrzeit ist bei mir definitiv Race-Tempo, keine ruhige Fitnessfahrt. Also es hat alles gepasst.
Die Bedingungen abseits der asfaltierten Stücke waren schlammig, eisig, rutschig und teils wurzeldurchzogen, also günstig fürs Fatbike. Allerdings gab es dieses Jahr keine wirklich sumpfigen oder schneeigen Abschnitte, wo das Fatbike ein Trumpf geworden wäre. Einen Nachteil aufgrund meiner Rad-Wahl hatte ich meiner Meinung nach nicht, jedenfalls keinen gravierenden. Das lag auch am etwas höher gewählten Luftdruck, ein Kompromiss wegen des guten Wetters.
Und so ergab sich Platz 26 (von 44, Männerwertung) mit einer Fahrzeit von ca 2:11h lt. meinem Garmin Edge 130 bzw. Renntiming 2:14h (Massenstart ohne Einzelzeitnahme). Das ist hinteres Mittelfeld mit deutlichem Abstand zur nächsten Gruppe von etwa 6 Minuten.
Die Fahrt war letztendlich weniger schlimm als ich erwartet hatte, allerdings war die Strecke um 8km auf ca 34km Länge verkürzt worden, aus mir unbekanntem Grund.
Erst zwei Tage später bei der dringend nötigen Generalreinigung des Rades erkannte ich dann mein großes Glück: unterwegs hatte ich einige Minuten aufs große Kettenblatt verzichten müssen. Es liess sich nicht mehr schalten. Ich hatte ein eingefrorenes Schaltseil vermutet, aber das wars nicht. Das Schaltseil hatte sich gelockert und 1cm Spiel bekommen. Der Dreck hat es dann nochmal rettend geklemmt, so daß es wieder ging, allerdings sehr unpräzise. Andernfalls hätte ich es nicht mehr benutzen können.
Der Renntag selbst endete im heissen Hotelwhirlpool und anschliessend beim feudalen Abendbüffet mit sagenhaft gutem alkoholfreiem Weißbier, explizit oben zu sehen, konkurrenzlos, muß ich mir auch für zuhause beschaffen.
Also ein rundum perfektes Paket für den Hobbyfahrer. Respekt an die schnellen Teilnehmer. Die fahren das ganze quasi im Sprint. Unvorstellbar für mich.