Inzwischen wurden allererste Einstiegserfahrungen mit der Konfiguration der Di2 Schaltnabe am Shimano Steps System gesammelt. Die Antriebskonfiguration in der Shimano E-Tube Software war für mich klarer und verständlicher als die Einstellung der Schaltautomatik.
Das Wichtigste zuerst: Bei Shimano findet man Handbücher zur SG-C7050-SD Schaltnabe zum Download. Und hier ein Link zur Shimano E-Tube Professional Software, welche ich zur Einstellung verwende.
Und wie immer gilt: Dies ist ein Hobby- und Laien-Weblog ausschließlich zur Feierabendunterhaltung und ohne jede technische Relevanz. Halten Sie sich immer an die Hersteller- und Händlervorschriften!
Beim neu gekauften Yoonit Cargo Bike hat die elektronisch geschaltete Shimano Inter5e Nabe im manuellen Schaltmodus von Anfang an perfekt geschaltet. Das ist der Modus, wo man als Fahrer die Gänge mittels der Buttons rechtsseitig am Lenker stets selbst auswählt. Di2 ist wirklich eine coole Sache.
Problem
Anders verhielt es sich mit den beiden optional wählbaren Automatikmodi. Beide waren nur bis zum dritten Gang brauchbar. Darüber, also bei Gang 4 und 5 verhielt sich die Automatik chaotisch und schaltete bzw. flippte permanent herum. Man konnte nicht mehr treten. Sowohl bei meiner Frau als auch bei mir war dieses Verhalten reproduzierbar, also es trat bei sehr unterschiedlichem Tretverhalten gleichermassen auf. Man muss dazu wissen, daß der Gangsprung von 3 auf 4 bei dieser Nabe sehr lang ist.
Um dieses Problem lösen zu können, habe ich online gesucht und bin relativ mühsam auf ein paar Informationen gestossen.
Feineinstellung der Di2 Einheit
Der einfache (und hier irrelevante) Teil ist zunächst mal die Möglichkeit der Feineinstellung der Di2 Steuerung direkt am SC-EN500 Display ohne irgendwelche zusätzliche Ausrüstung oder Elektronik. Soweit ich verstehe, entspricht dies ganz einfach dem Nachjustieren des Schaltzuges bei einer mechanischen Alfine Schaltnabe o.dgl., damit die Gänge perfekt passen und es nicht zu Gangsprüngen oder Schaltkrachern kommt. Diesen Teil der Einstellung könnte man also bei Bedarf allein über das SC-EN500 Display machen. Grundsätzlich sollte hier aber der Neutralwert 0 der korrekte Wert sein und bleiben. Und für das obige Problem ist es wie gesagt nicht nötig, das ist ein anderes Thema.
Um in den gezeigten „Adjust“ Modus zu gelangen, drückt man (jedenfalls bei „Gear“-Anzeige) ganz lang auf den kleinen runden Button in der Mitte. Dann erscheint im Display der Adjust Wert der Schalteinheit. Mittels der Schaltbuttons rechts am Lenker lässt sich dieser Wert nun von -4 bis +4 einstellen. Dies kann man versuchen, wenn die Schaltung im manuellen Modus springt oder unpräzise schaltet. Mit den beiden Automatikmodi hat diese Feineinstellung wie beschrieben nicht direkt zu tun.
Einstellung der Schaltautomatik
Das ist der kompliziertere Teil. Die Schaltcharakteristik der optional nutzbaren Automatikmodi muß per E-Tube Software am PC konfiguriert werden. Man benötigt dazu ein PCE2 Interface, sowie passende Anschlußkabel an den SD300 Steps Kabelbaum des Yoonit. Die nötigen Teile habe ich bereits hier beschrieben. Am Rad sieht das angeschlossene PCE2 Interface dann beispielsweise so aus (angesteckt an der Schalteinheit rechts am Lenker):
E-Tube Konfiguration
Die folgenden Fotos sind Screenshots der Shimano E-Tube PC Software angeschlossen an das Yoonit Rad. Ich konfiguriere hier Automatikmodus 1, Automatikmodus 2, sowie den Startmodus, also den bei Stillstand automatisch einzulegenden Anfahrgang.
Screenshot 1 zeigt die Steps Komponenten des Rades im Überblick.
Screenshot 2 zeigt den einfachen Einstellmodus für Automatikmodus 1, sowie die Startmodus Einstellung. Man sieht generell immer einen weißen Knödel für die Einstellungswahl des aktuell zu konfigurierenden Modus und einen grauen Knödel, der die Einstellung im jeweils anderen Modus visualisiert. Zudem hat man oben bei Auto 2 einen Check-Button, der den zweiten Automatikmodus deaktiviert, wenn man sich auf einen einzigen Automatikmodus beschränken möchte. Ich behalte beide Automatik-Modi, um besser experimentieren zu können. Auto 1 soll bei niedrigerer Drehzahl hoch schalten als Auto 2.
Screenshot 3 und 4 zeigen den fortgeschrittenen Konfigurationsmodus, mittels dessen es immerhin gelungen ist, den Automatikmodus für Fahren in der Ebene brauchbar einzustellen. Nach rechts ist die Kurbeldrehzahl abgetragen, bei der geschaltet werden soll. An der y-Achse ist neben den Lv.1-8 noch die Charakteristik „schnell“ (unten) bis „unverändert“ (oben) abgetragen, was für mich zunächst unverständlich war. Durch Experimentieren konnte ich eine Verbesserung des Schaltverhaltens erzielen, aber wirklich verstanden hatte ich es erstmal nicht.
Update Jan 2024:
Inzwischen hat mir ein Steps Profi bei pedelecforum.de unter die Arme gegriffen und die Sache plausibel erklärt. Die X-Achse ist ja klar und verständlich und bestimmt die Trittfrequenz bei der zu schalten ist. Die etwas unklare Y-Achse ist wohl zu verstehen als Reaktionsgeschwindigkeit der Automatikschaltung auf Veränderungen des Tretverhaltens. Je weiter unten der Einstellpunkt liegt, desto größer ist das Risiko, daß die Schaltung bei Variation im Tretverhalten sofort zu flippen beginnt. Je weiter oben der Einstellpunkt hingegen liegt, desto ruhiger und berechenbarer, aber auch träger reagiert die Automatik. Das erklärt mir, warum das Verlegen des Einstellpunktes nach oben die initialen Schaltprobleme durchaus beheben konnte. Die idealen Schaltpunkte in Abhängigkeit von der Trittfrequenz und vom Gang kann ich allerdings nicht einstellen. Es gilt der eingestellte Wert für alle Gänge, und das muß nicht immer passen. Hier kommt dann die Selbstlernfähigkeit der Schaltung ins Spiel, welche sich angeblich an das Schaltverhalten anpasst. Auffällige verbessernde Effekte aufgrund dieses Features habe ich bisher allerdings nicht entdeckt. Also es wird weiter experimentiert.
Beim Bergauffahren oder bei sportlichem Tretstil würde ich die Automatik abschalten, weil es nicht gut klingt, wenn der Schaltservo beim Treten mit Kraft unerwartet oder unpassend den Gang wechselt. In der Ebene bei lockerem Fahren schaltet das Ding aber schnell, leise und im wesentlichen auch passend. Man kann sich dabei ja zwei während der Fahrt durch Knopfdruck wechselbare Modi mit unterschiedlichem Einstellpunkt konfigurieren.
Abschließend sei gesagt, daß für mich diese Automatikmodi innerorts bei Alltagsfahrten nützlich sind. Wenn es brauchbar funktioniert, hat man zumindest in der Ebene ein Ding weniger, worauf man beim Fahren achten muss, gerade bei den dank E-Hilfsantriebs recht häufigen Schaltvorgängen. Selbst für routinierte Radfahrerinnen könnte das in der Praxis nützlicher sein, als man es sich vorstellt.
Einflussfaktoren
In Anbetracht einer zuweilen unzureichenden Funktionsweise der Schaltautomatik seien zwei Faktoren genannt, welche höchstwahrscheinlich einen großen Einfluss auf die Funktion haben. Das ist zum einen das Eingangsdrehmoment der Nabe, resultierend aus Antriebsleistung und Eigenleistung. Je geringer das Eingangsdrehmoment ist, also je sanfter der Antriebsmodus und die Antriebskonfiguration ist, und je sanfter man selbst tritt, desto nachvollziehbarer und brauchbarer funktioniert die Schaltautomatik.
Besonders tricky ist der zweite Punkt: die Di2 Schalteinheit ist mittels eines neuen dünnen SD300 Kabels angeschlossen. Dieses Kabel hat anschlussseitig eine Gummitülle zum Schutz gegen Feuchtigkeit, und diese Tülle erschwert die Bedienung des Steckers. Bei uns ist dieser Stecker relativ locker und hat sich mehrfach gelöst. Ein loser Stecker resultiert unter Umständen in einer Fehlermeldung oder aber in Nichtfunktion der Schaltung. Ein feiner Wackelkontakt hingegen könnte zu Schaltflimmern führen, was ich ja immer wieder beobachtet habe. Diese Punkte sind auf jeden Fall zu berücksichtigen.
Update 5.2.2024: Rant
Inzwischen habe ich viel mit der Steps Schaltautomatik bei der Inter5e Nabe gespielt und experimentiert, und zuletzt verbleibt bei mir Enttäuschung über die Art, wie der Hersteller diese Steuerung implementiert. Man könnte hier sehr viel Aufwand betreiben und alle möglichen Faktoren in die Steuerung hinein rechnen. Also das ist sicher kompliziert, zumal der Pedelec Antrieb mitwirkt und ein hohes Drehmoment in die Schaltnabe einbringt. Angeblich ist das System selbstlernend und passt sich an die Schaltgepflogenheiten des Nutzers an. Nur kann ich das leider nicht erkennen. Meiner Meinung nach erscheint es zuweilen chaotisch, jedenfalls bei meiner Einsatzweise im Zusammenhang mit der aktiven Elektrounterstützung. Das Feature könnte beim Transportrad hilfreich sein, weil das Rad beim Losfahren schnell beschleunigt und man sich somit im Idealfall die schnell aufeinanderfolgenden Schaltvorgänge erspart. Das wäre im Alltagseinsatz ein angenehmeres Fahren. Manchmal funktioniert es ja auch, und dann ist es Klasse! Sehr praktisch ist der beim Stopp automatisch eingelegte Anfahrgang, selbst im manuellen Schaltmodus. Unglücklicherweise geschieht dieser Schaltvorgang manchmal erst beim Anfahren, was schlicht zu spät ist. Im allgemeinen Fahrbetrieb bei aktiver Unterstützung arbeitet die Schaltautomatik zu häufig unvorhersehbar und erzeugt unpassende, brutale oder stark verspätete Schaltvorgänge, so daß man es letztendlich freiwillig abschaltet. Während beispielsweise im ersten Gang der Schaltvorgang gefühlt immer zu spät kommt, der zweite und dritte Gang dann normalerweise passt (siehe obige Einstellungen in der E-Tube SW), reisst es einem dann ohne nennenswerte Tempoerhöhung Gang vier und sofort darauf Gang fünf rein ohne Beeinflussbarkeit. Gang fünf braucht man bis 25km/h aber nicht, der ist zu lang. Schaltet man manuell zurück, legt es innerhalb weniger Sekunden wieder Gang 5 ein (selbstlernend?). Das kann man beliebig oft wiederholen. Und auch beim Runterschalten wird Gang vier gern mal zu schnell überschaltet. Dann: das System ist lazy, es schaltet meistens nicht proaktiv, sondern erst, wenn man wieder zu treten beginnt. Das ist fatal. Man rollt im Freilauf, das System könnte beliebig viele lastfreie Schaltvorgänge machen (Fahrtempo ist dem System bekannt). Nein, tut es leider nicht. Es wartet bis man lostritt und lässt es dann unmittelbar bei der ersten Umdrehung krachen. Und auch sonst kommt es trotz der trägest möglichen Einstellung im E-Tube professional immer wieder zu unerklärlichem nicht konfigurierbarem Schaltflippen, leider auch bei voller Lastsituation, was mich wundert, denn das Steps System sollte den Status des Antriebs ja kennen. Dabei gelten die Steps Antriebe als sehr ausgereift, was die sensible Eingangsdrehmomentmessung angeht. Hätte man hingegen einfach nur die Schaltzeitpunkte an die per Software konfigurierte Schaltdrehzahl gebunden ohne sonstige Berücksichtigung, gerne nach oben raus progressiv, dann wäre es wohl praxistauglicher oder würde jedenfalls nicht wirr herumspinnen. Was diese Steuerung da nun wirklich auswertet, ist mir unklar, und ob dabei die Schaltnabe mechanisch leidet, kann ich nicht sagen. Schade um dieses idealerweise nützliche Feature. Und ich spreche hier weder von sportivem Radfahren, noch von wechselhaftem Treten beispielsweise in hügeligem Einsatz. Was auch immer die Ingenieure da entwickelt haben, es scheint mir – zumindest im Zusammenspiel mit dem Steps Antrieb – ein bisschen unausgereift zu sein. Vielleicht könnte ein Firmwareupdate das automatische Schaltverhalten irgendwann nutzbar machen, aber da bin ich bei dem riesigen Hersteller skeptisch. Da bewegt sich nicht so schnell etwas. Steps ist ohne Frage ein cooles System, aber z.B. Bosch schien mir schneller und näher am Kundenbedarf zu agieren.