Fahr zua!

Seit Anfang 2017 versuche ich, ein Elektrofahrrad nach meinem Geschmack zu kaufen. Dies gestaltete sich aus mehreren Gründen sehr schwierig. Im Herbst 2017 geriet ich dann aufgrund eines gesundheitlichen Zwischenfalls unter Zugzwang, musste dieses fast schon abgeschriebene Projekt unerwartet forcieren. Inzwischen wurde ein geeignetes und auch preisgünstiges Pedelec, 2018er Modell bestellt. Und bis zur Lieferung im Februar hat mir mein Händler, Zweirad Würdinger einen riesigen Gefallen getan: Ich habe ein Leihpedelec für diesen Zeitraum erhalten, mit dem ich vorerst meine Runden drehen kann. Es handelt sich um einen Prototyprahmen mit dem vollintegrierten Fazua Antrieb (nomen est omen), der samt Akku im Unterrohr angeordnet ist und komplett herausgenommen werden kann. Dieser Antrieb findet beispielsweise auch im neuen Cube Agree Road Rennrad Verwendung. Im Rahmen ist nur das Tretlagergetriebe fest verbaut. Motor und Akku sind als ein großes Bauteil entnehmbar und dann nochmal teilbar. Man hat ein vergleichsweise leichtes Fahrrad (nicht weit weg von einem typischen schweren herkömmlichen Mountainbike), welches auch optisch wie ein normales Fahrrad wirkt, wenn man das so will. Weder klobige Motornaben, noch ein fetter Mittelmotor fallen hier ins Auge, und das Unterrohr hat für ein Pedelec ebenfalls sehr moderate Ausmaße. Und das ist es schon!

Erstfahrt

Pedelec mit Fazua Antrieb
Pedelec mit Fazua Antrieb

Seit 30 Jahren Fahrradfreund, viele Arten Fahrräder und Fahrweisen, aber so gut wie keine Erfahrung mit Pedelec-Antrieben, das ist bisher die Selbsteinstufung. Es folgen ein paar Eindrücke: Nach einer technischen Einweisung und dem Heimtransport des Rades war die Inbetriebnahme unspektakulär und klar. Das System fügt sich – selbst für den Pedelec-unerfahrenen Neuling – perfekt ins Fahren ein, ohne einen zu überraschen. Es fährt sich wirklich wie starker Rückenwind. Und besonders wichtig: einen Tretwiderstand oder sowas hast du hier nicht. Fährt man ohne Motorunterstützung oder regelt der Antrieb oberhalb von 25km/h ab, so tritt man weiter als ob nichts wäre, nur eben dann ohne Rückenwind. Hier fährt man also Fahrrad, zu 100%. Ebenfalls überzeugend war die Bedienung des Fahrrades, sprich Schalten und Bremsen. Das läuft ohne Nachzudenken wie gewohnt, ganz einwandfrei. Selbst bergauf mit Motor hat man saubere Schaltvorgänge, wenn man genau so schaltet, wie man es ohne Motor tun würde. Die Gefahr eines motorbedingten Kettenrisses bei unsauberer Bedienung oder sowas scheint mir hier überhaupt nicht zu bestehen. Man könnte jetzt also sagen, dieser Antrieb ist der perfekte Antrieb für „echte Radfahrer“. Das stimmt auch, wenn man nicht auf die totale Stille des Fahrrades steht. Der Motor ist – sofern Motorunterstützung eingeschaltet ist – hörbar. Er ist nicht laut, aber beim langsamen Bergauffahren in niedrigem Gang mit großer Unterstützung ist das Surren deutlich. Bei schnellem Fahren hingegen nimmt man es nur am Rande wahr. Beim Bergabfahren wurde mir nochmal das gutartige Abregeln dieses Antriebs bewusst. Du merkst beim Überschreiten der 25km/h bergab (tretend) garnicht, daß du ohne Motorunterstützung bist. Es rollt vollkommen frei weiter. Die Geschwindigkeit ist um nichts geringer als ohne E-Antrieb.

Ohne jemals einen aktuellen Bosch Antrieb gefahren zu sein, nur kurz konnte ich mal einen Brose Motor probieren, würde ich jetzt mal sagen, der Fazua ist der E-Antrieb für den erklärten Fahrradfahrer. Es ist kein mopedartiges Fahren, wo man jederzeit nur durch Bewegen der Beine 25km/h macht und vollen Elektro-Drehmomentschub geniesst, sondern es ist eine motorische Unterstützung, die eben proportional zum normalen Radfahren erfolgt. Nichtsdestotrotz schiebt einen der Motor auch starke Steigungen rauf, in niedrigem Gang und unter moderatem Mittreten. Und ich selbst bin kein Leichtbau. Es bedarf also keiner sportlichen Leistung zur Bewältigung steiler Anstiege, man wird aber nicht mit 25km/h hinauffahren, sofern man nicht selbst Vollast tritt. Im Moment nutze ich das Pedelec gewissermassen im Reha-Sinne, also alles andere als sportlich. Mit diesem leichten Antrieb könntest du aber jederzeit auch sportlich Radfahren. Dass Cube, Focus, Pinarello genau diesen Motor in Rennrädern verbauen, ist verständlich. Der Motor soll unterstützen wenn es nötig ist, zum Schnellfahren braucht man ihn da garnicht. Ich selbst komme bei mittlerer bis starker Dauerunterstützung und wenig Tretleistung in unserem hügeligen Gebiet etwa 30km weit mit einer Ladung. Stollenreifen, Asfalt, kühles Wetter.

Es ist ein Traum, daß ich dieses Rad leihweise benutzen kann. Danke ans Team Würdinger! Ich bin nun umsomehr gespannt auf das Cube Hybrid Cross mit dem 2018er Bosch Active Line Plus Antrieb zum Vergleich. Als Fahrrad- und Motorradfahrer kann ich gut mit beiden Welten leben, einerseits dem eingebauten Rückenwind, andererseits einem kräftig einsetzenden E-Antrieb.

Fazua Evation Antrieb
Fazua Evation Antrieb

Wer mehr wissen möchte: ein sehr interessanter Artikel zum Fazua Evation Antrieb ist bei Heise Online erschienen. Lesenswert!

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2 thoughts on “Fahr zua!

    1. Hoffnung besteht. Knie. Ganz gut wirds wahrscheinlich nicht mehr. Das erklärt zwar die Dringlichkeit wegen Reha-Bedarf, denn Radfahren ist die Rettung, aber der eigentliche Grund ist nach wie vor mein Interesse an der Technik und diesem Fahrzeugtyp, und meine Suche nach einem effizienten und eben sportlichen Elektrovehikel. Dieses Interesse kommt mir nun gelegen, so daß ich vom ursprünglich geplanten schnellen Pendlerpedelec umdisponiert habe. Letzteres wäre im Moment fehl am Platz, aber es ist nicht aller Tage Abend. Dass ich dieses Leihrad hier bekommen konnte, ist für mich im Moment einfach nur ein Riesen Glück und bringt mir irrsinnig viel. Und natürlich ist die Technik superinteressant, das kommt hinzu.

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