Unser schrittweiser Umstieg auf energieeffiziente kleine Elektrofahrzeuge sorgt dafür, daß im Alltag kaum mehr Verbrennerfahrzeuge zum Einsatz kommen.
Der kleine Niu E-Roller ist ein ideales leichtes und preisgünstiges Kurzstrecken- bzw. Innenstadt- und Kurzstreckenpendlerfahrzeug, mit dem man sehr flink und dennoch schweißfrei unterwegs ist. Der Niu läuft das ganze Jahr über, nahezu täglich, allerdings ist die Transportkapazität sehr beschränkt auf einen Rucksack, den Laderaum unterm Sitz, sowie noch etwas Kram im Fußabstellbereich. Kleine bis mittlere Einkäufe sind machbar. Dafür ist der Energiebedarf des Rollers extrem gering, das Fahrzeug ist quasi lautlos, und der Wartungsaufwand ist ebenfalls minimal. Der Niu ist im Alltag nurmehr schwer wegzudenken.
Der E-Kleinwagen ersetzt das althergebrachte Auto weitestgehend, speziell bei sämtlichen Kurz- oder Mittelstreckenfahrten mit Familie oder Transportbedarf.
Dessen inzwischen beträchtlicher Kilometerstand macht das eindrucksvoll klar. Das kleine E-Auto macht im Gegensatz zum Benzinauto Spaß, weil er um Welten cooler fährt. Das ist in Anbetracht des relativ geringen Stromverbrauchs somit etwas verführerisch, wird aber mit einer geplanten PV Anlage dann noch etwas gutartiger. Trotzdem würde ich das Auto gerne öfter stehen lassen.
Unser Puch Dienstmann sieht hübsch aus, ist aber im Alltagseinsatz unpraktisch. Die mitlenkende Frontplattform ist konstruktiv fragwürdig, für schweres ausladendes Gepäck eher nutzlos. Hinten dagegen bringt man nicht wirklich viel drauf. Das Rad ist also eher ein Designstück als ein guter Alltagstransporter. Das ist schade. Dieses technisch einwandfreie Rad wird aus praktischen Gründen bald abgestossen. Vielleicht hat jemand hier ja Interesse daran!
Der Erstversuch
Mein Weblog gründete sich ursprünglich mit dem Selbstaufbau meines Surly Big Dummy Longtail Rades, und dieser Artikel knüpft nun ein wenig daran an. Das mit 18-19kg noch relativ leichte Surly war mir ein wunderbares Touringfahrrad auf mehreren Italientouren, ist bis heute Rekordhalter meiner längsten und anstrengendsten Tagesetappe und konnte ggfs. mit gewissen Einschränkungen auch als Transportrad verwendet werden. Dazu gibt es hier einige alte Blogartikel. Das Surly war kein echtes „Lastenrad“, dazu war der Rahmen nicht geeignet, aber es konnte sehr viel und war sehr universell einsatzbar, zudem war es ein Fahrrad, mit dem man ganz normal fahrradfahren konnte, und das war mir damals extrem wichtig gewesen. 2017 wurde das gut ausgestattete Surly verkauft (siehe auch hier). Die damals noch kleineren Kinder liessen sich nicht mehr überreden, Kurzstreckenfahrten mit diesem Rad mitzumachen, was ich sehr schade fand. Inzwischen allerdings – viel größer – fragen sie wieder nach sowas! Zudem war die vorhandene Transportfähigkeit im Alltag bei größeren Einkäufen oder mit Getränkekisten etwas mühsam zu nutzen, also mit Verzurren oder aufwendigem Einräumen der Sachen. Man will eigentlich die Sachen nur einladen und fertig. Darüberhinaus möchte ich den Gepäckraum absperren können. Und zuguterletzt muß ein Transportrad im beladenen Zustand perfekt fahrbar sein, ohne dass es zu eiern beginnt oder irgendwie labil wird. Im eskalierenden innerstädtischen Verkehr kann man sich auf keinerlei Rücksichtnahme oder Seitenabstand verlassen. Ein labil zu fahrendes oder kriechendes Fahrrad ist undenkbar. Um das Argument zu Ende zu führen: ja, ich will einen Pedelecantrieb. Weder will ich bergauf im beladenen Zustand in Schritttempo verfallen müssen, noch will ich so ein Rad dann doch wieder nurmehr rumstehen haben, weil unsere hügeligen Strecken mir die Nutzung im Alltag zu unbequem machen.
Usecase
Dabei bestünde mein Usecase nicht nur aus innerstädtischen Einkaufsfahrten, sondern vor allem aus den etwas längeren Strecken, die man bei Nutzung eines Autos üblicherweise als „Herumkoffern“ bezeichnet. Schnell von A nach B um irgendwas für jemand zu erledigen, etwa wie: „kannst du mal schnell dorthin und dies wegbringen, dann dort das abholen, uswusf.“, also typischerweise die häufigen kleinen stressigen und lästigen Fahrten, die man wegen der fehlenden Transportfähigkeit der oben genannten Kleinfahrzeuge zu oft mit dem Auto macht. Mit dem Lastenrad wird sowas dann zu einem erfreulicheren Fitnessthema mit diversen positiven Nebeneffekten; Wenn das Rad gut funktioniert und auch im beladenen Zustand problemlos und sicher fahrbar ist. Andernfalls wird das nix.
Anforderungen
Es gibt viele interessante Konstruktionen am Markt, und über unseren benachbarten Mobilitätsverein konnte ich bereits die eine oder andere Erfahrung sammeln. So manche Lastenräder am Markt halte ich für Fehlkonstruktionen. Wenn so eine Kiste keine narrensichere zügige Fortbewegung erlaubt, sondern man mit Aufschaukeln und plötzlichem Kippen beim Lenken oder mit Überschlag bei beladener Vollbremsung rechnen muß, dann lasse ich es lieber. Um das für sich beurteilen zu können, müsste man solche Räder im beladenen Zustand mit zügiger Geschwindigkeit probefahren können.
Einspurige Lastenräder würde ich für mich bevorzugen. Das ist jetzt kein zwingendes Kriterium, jedoch schätze ich den konstruktiven Aufwand bei einem zweispurigen Rad erheblich größer ein, was Kurvenstabilität und -sicherheit angeht. Einspurige Fahrräder laufen zudem leichter als zweispurige, sofern einem dieses Kriterium bei Lastenrädern wichtig ist. Und sie beanspruchen weniger Verkehrsraum, bleiben also diesbezüglich eher fahrradartig. Trotzdem sei aus großem technischen Interesse auf das coole HNF/Nicolai CD1 bzw. CD2 Lastenrad mit Neigetechnologie hingewiesen. Auch so etwas hat absolut seinen Reiz für Technikfreunde und Transportoptimierer. Dieses Gerät würde mir schon auch gut gefallen in der Garage.
Die Lage der Nutzlast sollte möglichst tief unten sein. Es ist der Fahrstabilität abträglich, wenn die schwere Last auf Höhe eines herkömmlichen Gepäckträgers ist. Der Punkt spricht unter Umständen für kleinere Laufräder. Ebenso möchte ich mitgelenkte Last unbedingt vermeiden. Reiseradler schwören zwar auf ihre Sideloader an der Gabel, ich selbst würde sowas bei einem funktionalen Transportrad absolut vermeiden. Die Lenkung muß bei Beladung leichtgängig und schwingungsneutral bleiben.
Ein wichtiges Kriterium kommt bei Beladung noch ins Spiel: Die Nutzlast muß unbedingt gefedert sein. So wenig ich Federungen bei meinen sonstigen Fahrrädern benötige, so wichtig wird sie bei Lastenrädern. Ein zügiger Transport von Waren, Sachen, Geräten, Getränkekisten auf einer harten rahmenfesten Plattform ohne eine Ladungs-Federung ist schlicht unmöglich (im Gegensatz zu weichen Gepäcktaschen beispielsweise). Das muß man nur mal versuchen, dann versteht man es. Da zerhaut es einem alles. Mit einer funktionierenden Ladungsfederung steht und fällt für mich der Zweck eines Lastenrades.
Die Perspektive
Vor einigen Jahren kam Cube mit einer neuen „Urban“ Baureihe in unterschiedlichen Bauformen auf den Markt. Darunter waren Kompakträder aber auch echte Lastenräder, als „urban cargo“ bezeichnet. Inzwischen gibt es davon sehr schöne Farbvarianten, eben nicht nur das elende Schwarz. Die Ausstattung dieser Cargo-Räder gefällt mir, insbesondere weil sie auch mit einfacher Kettenschaltung erhältlich sind. Ich peile langfristig die Anschaffung eines solchen Rades an. Derzeit ist kein Geld dafür vorhanden und kann auch nicht lockergemacht werden. Dafür werden mehrere Fahrradverkäufe nötig sein. Allerdings hat man ohnehin gewaltige Lieferzeiten, also das ist eh kein Projekt, welches man zeitnah umsetzen könnte. Ich muß mir zwei bis drei Jahre dafür geben bei noch hoher Unsicherheit, aber ich bin überzeugt, daß so ein Utility Vehicle unsere Mobilität nochmal stark optimieren würde. Mit dem Bosch Performance CX Cargo Motor hat man einen hochwertigen Hilfsantrieb mit der bekannt guten Bosch Akkutechnik, und statt dem altbackenen Intuvia-Display mit Pensionisten-Flair würde man halt wieder aufs Kiox (300) Display umrüsten wie seinerzeit beim Cross Hybrid One, für den Fitnessradler und Technikfreund in mir.
Übrigens kündigt Cube aktuell auch ein Longtail Lastenrad auf ihrer Webseite an, zu dem ich leider noch keine Details gefunden habe. Auf jeden Fall klingt das interessant, wenngleich ich selbst die Cargo-Reihe bevorzugen würde.
Natürlich verfolge ich auch andere Marken. Tern beispielsweise bringt ein Kompakt-Lastenrad nach dem anderen auf den Markt. Bernds macht da auch spannende Sachen, denen ich technisch voll trauen würde. Sogar das eine oder andere „Leichtbaulastenrad“ ab 15kg unmotorisiert findet man inzwischen, denn die massiven 46kg des oben genannten Cube sind dann für ein Fahrrad durchaus erschreckend und bringen einen wieder zum Nachdenken. Im Gegenzug ist bei solch schweren Boliden beim Beladen hoffentlich „no brain no pain“ angesagt. Zeug reinlegen, losfahren. Ob die Lademulde absperrbar ist (Sonderzubehör?) muß ich gelegentlich mal checken. Das ist ein Must-have für mich im Alltag. Vorlage dafür wäre der jahrelang absolut hart alltagserprobte Maderna Supertanker meines Bekannten. Das ist ein Lastenrad nach meinem Geschmack, allerdings ohne Hilfsantrieb, dafür sehr fahrradtypisch angenehm zu fahren und nicht extrem schwer.
Updates
Cargofactory, Iumentum, Velolab
Inzwischen habe ich von meinem Kumpel Markus mit dessen stets interessanten Techniktipps ein paar Ideen erhalten, einerseits zum Shimano EP8 basierten und relativ leichten CargoFactory Lastenrad, andererseits zum sehr leichten bezahlbaren universell aufbaubaren aber leider ungefederten iumentum Transportrad (optional mit Pendix Antrieb). Letzteres reizt selbstverständlich den Selbstbauer in mir, und der Hersteller unterstützt das. Zudem setzt man damit zumindest ohne den optionalen Antrieb kein Vermögen um. Auf eine Federung vorne würde ich bei einem hart aufgehängten Laderaum (im Gegensatz zu weichen Packtaschen) allerdings nicht gerne verzichten. Beide Lastenräder besitzen Seilzuglenkungen, was einiges an Gewicht spart, verglichen mit einer Schubstange wie beim Cube oben.
Konzeptuell ähnlich scheint mir das VeloLab Gravel Karo, ebenfalls ein leichtes schnelles Einspur-Lastenrad mit vorderem Laderaum und sportlichem Setup.
Gingko
Zugleich kam auch das schwedische Gingko Lastenrad ins Spiel. Dieses ist besonders leicht, visuell attraktiv und schnell. Bei sowas hinterfrage ich dann wieder meine obigen Anforderungen, allerdings ist wie gesagt in der Praxis meiner Meinung nach ein sicherer Ladungstransport ohne Federung selbst mit etwas breiteren Reifen nicht optimal. Immerhin wäre eine Federgabel hier technisch möglich. Man hat Steckachsen und Postmount Bremsaufnahmen. Sowas mit den stabilen DT 521RR Felgen mit 32 Speichen, 40mm Reifen wäre für den Fahrradfreak in mir ein Traum. Jetzt bräuchte man noch eine große Box vorne. Inwieweit das Rahmenrohr über der Ladebucht stören würde, kann man schwer abschätzen. Im alltäglichen Einsatz könnte es vielleicht etwas nerven.
Das Gingko ist auf jeden Fall ein krasser Spagat zwischen Sportrad und Lastenrad, und als Fahrrad aufgrund der technischen Eigenschaften offensichtlich schnell. Will man Transportfahrten über lange Strecken machen, dann wäre man damit vermutlich bestens bedient.
Yoonit
Ein gänzlich anders konstruiertes und nicht minder interessantes, meiner Meinung nach extrem praktisches Rad mit guten technischen Lösungen ist das Yoonit Kompaktlastenrad, leider ohne Federung. Hier wäre ein Shimano EP8 Antrieb mit der 5-Gang Schaltnabe und Riemen mit verstellbarem Ausfallende machbar, und das ist für mich eine Ideallösung. Die Ladung liegt oberhalb des kleinen Vorderrades, somit immer noch relativ niedrig. Die Ladefläche ist super zugänglich und variabel, der serienmässige Lenkungsdämpfer an dem Fahrrad gefällt mir technisch gut. Das Rad ist sehr kompakt und nicht besonders schwer. Vom Praxisnutzen wäre es bisher mein Favorit, aber das Federungsthema ist offen. Der Leichtlauf wäre aufgrund der kleinen Räder gegenüber beispielsweise dem Gingko mit Kette minimal im Nachteil, dafür glaube ich wäre das Rad eine Wucht im alltäglichen Einsatz. Kurven- und Geschwindkeitsstabilität würde mich sehr interessieren.
Chike
Und wenn wir jetzt beim Kompaktlastenrad sind, dann schauen wir nochmal zu den zweispurigen Cargo-Transportern, konkret mal dem Chike, welches ich kürzlich bei meinen Websuchen gefunden habe. Die Cargovariante des Chike macht visuell auf mich einen sehr durchdachten und gelungenen Eindruck und besitzt wie auch das oben erwähnte HNF eine Lenkung mit Neigetechnik, was für gute Kurvenstabilität sorgt. Auch das Chike läuft mit der Shimano Kombination aus dem 6100 Cargo Antrieb, der starken elektroantriebstauglichen 5-Gang Nabe mit Di2 Steuerung, sowie einem Carbonriemen. Das ist praktisch, wartungsarm und was den Leichtlauf angeht zwar kein Sportrad, aber für Alltagseinsatz in Ordnung. Das Chike E-Cargo bietet vorne eine elastomergefederte Radaufhängung, zu der es sogar technische Videos gibt, wo man sie in Aktion sieht. Das Thema Ladungsfederung ist somit abgehakt. Visuell und technisch finde ich dieses kompakte schmale Dreirad super. Genialerweise gibt es in nur 15km Entfernung einen erstklassigen Händler mit dieser Marke. Ein Wink des Schicksals?
Fazit
Das Thema ist und bleibt für mich präsent, unabhängig davon, daß die Kohle für einen solchen Kauf bis auf weiteres nicht vorhanden ist. Seit der Blogartikel hier erstellt wurde, bin ich unablässig am Überarbeiten und Erweitern und stelle nunmehr fest, daß sich meine ursprüngliche Sichtweise des Themas (im technischen Sinne) allein durch das Überdenken bereits ganz schön verändert hat, obwohl ich zu keiner neuen Probefahrt gekommen bin, mein Praxis-Background also unverändert ist. Vieles im Artikel verbleibt graue Theorie, also bisher nicht untermalt durch Fahrten. Hoffentlich ergeben sich 2023 ein paar Testmöglichkeiten. Bis dahin wird hier nach Gutdünken ergänzt, was mir gefällt und interessant vorkommt.
Update: und schaut mal hier, ist das nicht total krass: http://www.mvr-fahrzeugbau.de/LastenraederundE-bikes.html